Je breiter das Boot, umso besser hält es das Gleichgewicht. Das finnische Kirchboot, das die Mülheimer Rudergesellschaft (MRG) sich zum 90. Geburtstag ausgeliehen hat, ist genau das richtige Gefährt, um Anfängern den Ruder-Rhythmus beizubringen.
14 Personen und ein Steuermann passen hier rein, ohne dass dem Kahn das Kentern droht. „Wir möchten, dass Laien heute die Möglichkeit haben, den Sport auszuprobieren”, sagt Michael Schirm, Geschäftsführer der MRG. Zum Geburtstag soll für die Gesellschaft ein bisschen die Werbetrommel gerührt werden. Deshalb hat die MRG die Feier zusammen mit dem Mülheimer Unternehmertreff und dem Verein für Kinder- und Jugendarbeit Essen mit einem Tag der offenen Tür verbunden. „Wir sind eine Randsportart und hoffen, dass wir junge Menschen so für den Sport begeistern können”, sagt Schirm.
In manchen Gebieten Finnlands hat das Rudern eine ganz pragmatische Funktion: es ist eine Form der Fortbewegung. So ist das Kirchboot für manchen Menschen die einzige Möglichkeit, am Sonntag die Messe zu besuchen. Jonas Schüppel hat jedoch ganz andere Gründe, regelmäßig zu den Paddeln zu greifen, die in der Fachsprache „Skulls” heißen. „Rudern ist einfach ein guter Teamsport”, findet der Jugendliche, der 2008 Dritter bei den Deutschen Meisterschaften wurde.
Die Mitglieder der MRG sind begeistert von der Sportart, in der Bewegung und Naturverbundenheit zusammenkommen. „Die Zeiten sind für alle Vereine schwer”, sagt MRG-Geschäftsführer Michael Schirm. „Deswegen bemühen wir uns verstärkt um Kooperationen. Hoffentlich können wir dadurch noch mehr Jugendliche fürs Rudern begeistern.” Neben der Zusammenarbeit mit dem Mülheimer Unternehmertreff und dem Verein für Kinder- und Jugendarbeit Essen, sollen in Zukunft auch Projekte mit Schulen gestartet werden. Die erste gemeinsame Aktion sei mit der Gustav-Heinemann Gesamtschule geplant. „Außerdem haben wir bereits Gespräche mit einigen anderen Schulen geführt”, sagt Schirm.
Dass Jugendliche sich ausreichend bewegen, sieht auch Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld als zentrale Aufgabe der Vereine. „Die motorischen Fähigkeiten von jungen Menschen werden tendenziell immer schlechter”, sagt die OB, nachdem sie ihre Glückwünsche überbracht hat. Vereine könnten dieser Entwicklung entgegen steuern.
Körperliche Fitness ist beim Rudern in jedem Fall gefragt. Neben dem Paddeln in der Gruppe oder allein gehört Ausdauertraining unbedingt zum regelmäßigen Programm der Sportler. Außerdem ist eine gute Koordination gefragt. Das gilt nicht nur fürs eigentliche Bedienen der Ruder, sondern auch, wenn man mit dem Boot mal das Gleichgewicht verlieren sollte und im Wasser landet. „Besonders anfällig fürs Kentern sind Drachenboote”, sagt Sven Gerken. Schwierig sei es mit der Balance außerdem in den gerade einmal 40 Zentimeter breiten Einzelbooten. „Deshalb üben wir mit den Kindern auch, wie man wieder ins Boot steigt”, erzählt Gerken. Wichtig sei es vor allem, nie die Skulls loszulassen. „Die dienen als Verbreiterung des Bootes”, so der Ruderexperte, der selbst vor 20 Jahren das letzte Mal ein unfreiwilliges Bad genommen hat. Mit den Rudern rechts und links am Boot könne man sich in der Mitte abstützen und wieder draufklettern. Mit den Gästen wird das am Tag der offenen Tür allerdings nicht geprobt. „Dafür ist das Wasser momentan doch noch etwas frisch”, sagt Gerken.