Mülheim.

Der Evangelische Kirchenkreis Mülheim feierte Sonntag bei schönstem Maiwetter im Stadthallengarten sein alle vier Jahre stattfindendes Pfingstfest. Kulinarisches und Mitmachaktionen warteten auf Besucher. Zwei von ihnen traten sogar neu in die Kirche ein. „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten.“ Den Psalm 27,1a aus der Bibel, den Pfarrer Justus Cohen der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde und unser Mitarbeiter Tim Walther als Glaubensschiffchen aus einem Planschbecken für die Leser dieser Zeitung angelten, erschien am Sonntag beim Pfingstfest „beGeistert“ des Evangelischen Kirchenkreises Mülheim wie ein Omen: Nichts hatten Besucher, Organisatoren und die vielen ehrenamtlichen Helfer im Stadthallengarten zu fürchten.

Die Sonne strahlte, zwischen den Bäumen wehte ein laues Lüftchen, Kinder spielten an den Wasserläufen – und natürlich bot das nur alle vier Jahre stattfindende Fest ein großes Mitmachangebot für Jung und Alt, Kulinarisches und ein Bühnenprogramm, das die evangelischen Gemeinden alleine stemmten. Die Freude der Verantwortlichen über einen gelungenen Tag dürfte groß sein, auch weil an der Eintrittsstelle zwei Bürger in die Kirche eintraten.

Zwei Bürger traten in die evangelische Kirche ein

Vor einem aufblasbaren Plastikbecken steht Justus Cohen und reicht Angelruten an die ankommenden Festbesucher. 250 gefaltete Schiffchen aus buntem Papier und farbigen Büroklammern warten darauf, per Magnet herausgefischt zu werden. „Wir haben eine Sammlung von 66 klassischen Bibelstellen“, erzählt der 53-Jährige, der sich mit seiner Frau Annegret die Pfarrstelle an der Kreuzkirche teilt. Weitere haben die Frauen und Männer aus der Gemeinde herausgesucht.

Nicht nur Kinder, auch Erwachsene suchen ihr Heil, das sie mit auf den Weg nehmen möchten. Fast wie bei einem chinesischen Glückskeks. Ein älterer Herr ziert sich etwas, Cohen versucht es mit Humor: „Den Spruch, den Sie ‘rausziehen, müssen Sie auswendig lernen.“ Der Mann nimmt die Rute, angelt sich ein Schiffchen, rollt das darin steckende Zettelchen aus, liest es und geht schmunzelnd weiter. Was wohl draufsteht? Er verrät es jedenfalls nicht.

Spielerischer Umgang mit der Bibel

Lesestoff bieten die Helfer der Petrikirche nicht, sondern Klänge für die Ohren. Sie verkaufen Konzertmitschnitte auf CD. Bis 1995 reichen die Aufnahmen auf den Silberscheiben zurück. „Aus dem Erlös werden neue Musikprojekte finanziert“, erklärt die Verkäuferin. Entlang von Essens- und Getränkeständen zieht es die Menschen an Bastelaktionen der Diakonie und dem DLRG vorbei zur Bühne. Doch in den Gärten sieht man von weitem etliche weitere Pavillons. Die Feuerwehr hat ein Löschspiel aufgebaut, der Wind gepaart mit Wasserspritzern aus dem Schlauch ist erfrischend.

„Hätte ich gewusst, was es hier alles gibt, dann hätte ich Kaffee und Kuchen zu Hause erst gar nicht vorbereitet“, flüstert eine Mittvierzigerin zu ihrer Mutter, während sie am frühen Nachmittag vor dem Kuchenbuffet stehen. „Die haben viel auf die Beine gestellt, da steckt großes Engagement dahinter“, spricht eine Besucherin aus Essen ebenso Lob aus. Ist es da nicht schade, dass der Kirchenkreis nur alle vier Jahre zur tollen Sause lädt?

Freiluft-Gottesdienst mit etwa 1500 Gläubigen

„Nein...“, sagt Pressereferentin Annika Lante lachend und ergänzt: „...denn es ist viel Aufwand für alle und kostet trotzdem einiges, obwohl viele ehrenamtlich helfen.“ Wenn man es zu oft macht, nutzt es sich ab, findet Justus Cohen. Lante formuliert es anders, der Erinnerungswert wäre größer à la „Weißt Du noch 2008 das Pfingstfest?!“ Damals war man am Witthausbusch, den Stadthallengarten hatte das Mülheimer Stadtmarketing für eine kommerzielle Veranstaltung vermietet. Nun hat es geklappt und Lante kann sich keinen besseren Ort vorstellen:

„Zum großen Freiluft-Gottesdienst sind bereits rund 1500 Menschen gekommen.“ Dafür verzichtete man in den Gemeinden auf heilige Messen, sondern lauschte gemeinsam der Predigt von Vize-Präses Petra Bosse-Huber. Als Entdeckung bezeichnet die Pressereferentin den schattigen Säulengang von Mülheims Architekturjuwel: „Unsere Kantorinnen sangen dort als Acapella-Gruppe. Der Klang war faszinierend.“

Etwa 4000 Besucher erwartet

Über den Sonntag verteilt geht sie von 4000 Besuchern aus. Es ist ein ruhiges Fest für Familien, das wohl auch vom nahem Ritter-Spectaculum am Schloss Broich profitiert. Oder umgekehrt? Für die Gäste aus Tansania, die, so Lante, eher streng-lutherisch feiern, ist es jedenfalls eine willkommene Abwechslung, die sie – wie ihre Gesichter verraten – teils verwundert aufnehmen.

Annika Lante deutet etwa auf den Schiffsmast mit bunt bemalten Gemeinde-Wimpeln neben der Bühne, den eine Duisburger Werft stiftete. „Sowas gäbe es dort nicht“, sagt sie. Wo der Mast später „ankern“ wird, weiß sie noch nicht, aber: „Es wird sich bestimmt ein Abnehmer finden.“

Teddy-Klinik gegen die Angst vorm Krankenhaus

Neben den Angeboten von Feuerwehr, Notfall-, Schifferseelsorge, Beratungsstelle, Ladenkirche, Familienbildungsstätte, Gemeinden, Hospiz, Wohnstift, Stiftung „Jugend mit Zukunft“ und Dritte-Welt-Initiativen strömten die Kleinsten besonders zur Teddy-Klinik des Evangelischen Krankenhauses, welche erstmals aufgebaut wurde.

Wer nicht sein eigenes Kuscheltier dabei hatte, bekam ein kleines Bärchen, mit dem die Kinder im Sanitäter-Zelt alle Stationen eines Krankenhaus-Aufenthaltes spielerisch durchlebten, inklusive Untersuchung, OP-Hauben- und -Kitteln sowie den Schwestern Rahel und Ines. Waren die Kleinen zunächst schüchtern, bot die Klinik viel Freude gegen die Krankenhaus-Angst.