Mülheim.

Kann Ruhrbania mehr sein als die Summe einiger weniger Baukolosse aus Beton? Ja, sagen Masterstudenten vom Lehrstuhl Städtebau der TU Dortmund. In einer mit Mülheims Stadtplanern abgestimmten Semesterarbeit haben sie für das Baufeld 3 nördlich der alten Bahntrasse die Renaissance der Stadthäuser ausgerufen, Viel- statt Einfalt in der Bebauung. Ihre Ideenskizze stößt in der Politik mehrheitlich auf Gegenliebe.

Planungsamtschef Martin Harter zauberte im Planungsausschuss überraschend eine Präsentation zum Projekt aus dem Hut, das die Rahmenplanung von Ruhrbania-Denker Matthias Pfeifer und den Bebauungsplan geändert sehen will. Die angehenden Städtebauer haben unter anderem mit dem renommierten Professor Christoph Mäckler ein neues Konzept der Wohnbebauung für Baufeld 3 entwickelt, wo jetzt noch AOK- und Gesundheitshaus stehen. Sie stellen sich nördlich der Bahntrasse künftig urbane Höfe vor.

Dabei soll das Gebiet nicht im Ganzen an einen Investor gehen, sondern parzelliert an viele Bauherren. So könnten dort Stadthäuser für jeweils ein, zwei Familien entstehen, die durch individuelle Architektur und Fassadengestaltung, modern oder historisierend, der Ruhrpromenade eine abwechslungsreiche Silhouette verpassen. Harter zeigte Stadthausreihen aus Berlin (Town-houses) und Amsterdam, aus Braunschweig (St. Leonhards Garden), Münsters Innenstadt und Essen-Rüttenscheid (Quartier-4), die von Vielfalt zeugen. Für das Ruhrbania-Baufeld sehen die Studenten zwei Häuserreihen vor, zur Ruhrpromenade dabei im Hochparterre gedacht, um Privatsphäre zu schützen. Zwischen den Häuserreihen könnte ein urbaner Hof abgeschottetes Idyll für Bewohner sein.

"Eine sehr schöne Alternative"

Chef-Planer Harter verhehlte seine Sympathie für die Ideenskizze, die nur mehr auf Wohnen statt auch auf Büros setzt, nicht: „Ich finde es ganz schlüssig, von der En-Bloc-Vermarktung wegzukommen.“ Die Mehrheit der Politik konnte ihm folgen. Claus Schindler attestierte der Semesterarbeit „attraktives Potenzial“. „Eine sehr schöne Alternative“, befand Ursula Schröder (CDU). „Hoch interessant“, so Hubert Niehoff (Grüne).

Ohnehin sei es dringend geboten, den Bebauungsplan an dieser stelle zu ändern, sagte Lothar Reinhard (MBI) mit Verweis auf die aktuell beklagte hohe Leerstandsquote bei Mülheimer Büroimmobilien. Wiederholt forderte er, noch einmal über einen Abriss von AOK- und Gesundheitshaus nachzudenken. Dieser treibe ohnehin nur die Kosten für die Stadt hoch.

Kollision mit Stadtklima und -ökologie

Reinhard wie Peter Beitz (FDP) gaben zu bedenken, dass auf dem ehemaligen Lindgens-Areal am Kassenberg auch hochwertiges Wohnen geplant ist. Die Stadt müsse in ihrer Planung aufpassen, dass sich beide Standorte nicht gegenseitig Konkurrenz machten. Amtschef Harter sieht für jene Bedenken keinen Anlass gegeben. Die Überlegungen am Kassenberg steckten ja noch ganz in den Anfängen. Es gebe ja nicht mal einen Einleitungsbeschluss für ein Planungsverfahren, um in aufwändigem Szenario aus einem Industrie- einen Standort für Wohnen und Gewerbe zu machen. „Ich sehe da keine zeitlichen Kollisionen.“

Eine Kollision mit Stadtklima und -ökologie sieht indes Peter Keil, Vorsitzender des Landschaftsrates, da die Ideenskizze der Studenten eine insgesamt dichtere Bebauung näher ans Ruhrufer ragen lässt. Er mahnt an, das Thema Freiflächen bei einer Fortentwicklung der Ideen höher zu gewichten.