Mülheim. .

Wissen Sie, was ein Pferd macht, wenn es ein Rennen gewonnen hat? Es spitzt die Ohren, während die Konkurrenten mit anliegenden Lauschern abgeschlagen dahinter durchs Ziel gehen.

Diese und weitere wissenswerte Dinge über einen Liebling unter den Vierbeinern erzählt einer, der es wissen muss. Dirk von Mitzlaff ist Besitzer von „Kardo“, einem der erfolgreichsten deutschen Rennpferde bislang in dieser Saison. Zwei Rennen in Frankreich, darunter eines mit 52 000 Euro dotiert, hat der fünfjährige Hengst in dieser Saison bereits gewonnen.

Während der Sieg des Mülheimer Pferdes in Deauville am 15. März über die Leinwand im Presseraum läuft, gehen draußen auf der Rennbahn die Galopper live an den Start. Unter widrigen Bedingungen – in den durchgeweichten Boden sinken die Hufe ein, es regnet sprichwörtlich Bindfäden. Das Wetter zum Auftakt der Rennsaison am Raffelberg ist am Samstag ebenfalls zum Davonlaufen. Aber nicht für fünf Kinder mit ihren Eltern. Passend zum Aufgalopp hatte die WAZ einen Besuch bei Kardo verlost. Und dass er ein echter Siegertyp ist, der rennen will, beweist der schöne Braune, als ihn Betreuerin Anke Woodburn aus dem Stall in die Führanlage holt. Nervös tänzelt Kardo im Rundlauf hin und her. An so viel Besuch ist er nicht gewöhnt und außerdem dreht noch ein Team fürs WDR Fernsehen. An Füttern und Streicheln ist da nicht mehr zu denken. Aber schließlich sieht man nicht jeden Tag ein so prominentes Pferd aus der Nähe. Kardo ist eines von fast 60 Rennpferden, die im Stall von Trainer Werner Baltromei an der Rennbahn stehen.

Hufeisen müssen mit der Öffnung nach oben aufgehängt werden – „damit das Glück nicht herausfällt“, erläutert Dirk von Mitzlaff. Als Andenken hat der Pferdezüchter für jedes Kind ein Hufeisen mitgebracht. Aber nicht irgendein Spielzeug, sondern gebrauchte Hufeisen „von einem Galopper, der große Rennen gewonnen hat“, sagt von Mitzlaff. „Sind das die Kufen von einem Pferd?“ will da der kleine Marcel wissen. Laura ist gestern neun Jahre alt geworden und reitet selbst. Was hat sie sich wohl gewünscht? Ein Pferd. „Einen Haflinger“. Der ist zwar nicht so rassig wie Vollblüter, über die der Züchter vieles weiß, „aber ich finde Haflinger sehr schön“, sagt Laura. Vom Stall geht’s dann zur Rennbahn, wo die berühmte Rennreiterin Katharina „Kathi“ Werning vom Leben eines weiblichen Jockeys in einer Männerdomäne erzählt: „Nur wer wirklich gut ist, kann sich durchsetzen.“ Überall auf der Welt ist die erfolgreiche deutsche Reiterin, die derzeit im Mutterschutz ist, schon rumgekommen – in Dubai, Katar und Frankreich, den Hochburgen des Pferdesports. Jockey zu werden, „diesen Berufswunsch hatte ich schon als kleines Kind“, sagt die zierliche blonde Frau und berichtet über die Ausbildung. Die Liebe zu Pferden hat sie in den Genen, Vater Werning ist ein bekannter Trainer.

Dirk Mitzlaff setzt gern auf Damen als Jockey, „weil sie ein sensibleres Händchen dafür haben“. Und Kathi Werning bricht eine Lanze für den Pferdesport.

Auf der an diesem Regentag spärlich besetzten Tribüne ist das Rennfieber spürbar. Dass in Deutschland andere Sportarten in den Medien den Pferden den Rang ablaufen, dass der Pferdesport hier nicht das Gewicht wie beispielsweise in Frankreich hat, ist ein Dorn im Auge derer, die mit Leib und Seele dabei sind. In Mülheim hat die Rennbahn eine lange Tradition und bessere Zeiten gesehen. Heute drücken Schulden den Rennverein, der attraktive Preis der Diana ist längst weg. Um sich die Rennbahn überhaupt noch leisten zu können, wird sie in Kooperation mit dem Golfclub betrieben. Und ehrenamtlich. „Wir haben keine Angestellten mehr“, so von Mitzlaff. Ein finanzielles Standbein geht verloren, weil das Wettgeschäft zunehmend über das Internet läuft.

Am Raffelberg kann man noch am Schalter wetten – und seien es nur 50 Cent. Und wer entscheidet, auf welches Pferd gesetzt wird? Es sind meist die Kinder, die nach dem Vorführen der rassigen Vierbeiner begeistert rufen: Auf den müssen wir setzen! Renntag ist eben auch Familientag – mit echten Pferden, Wettfieber, Würstchen, Waffeln, Spielen und viel Trubel drumherum.

Infos: In dieser Saison gibt es insgesamt fünf Renntage. Die weiteren Termine: 27. Mai, 7. Juni (Silbernes Band der Ruhr) sowie 13. Oktober und 28. Oktober (Berberis-Rennen). Eintritt: 4 € Erwachsene, Familienkarte: 7 €, inkl. Parken. Freier Eintritt für Schüler, Studenten und Schwerbehinderte