Mülheim.

Mülheim an der Ruhr – der Name sagt eigentlich schon alles über die Lage der Stadt links und rechts des identitätsstiftenden Flusses. Warum die Ruhrstadt aber ausgerechnet auch noch Mitglied der Emschergenossenschaft ist und dort jährlich rund eine Million Euro Beitrag zahlt, erschließt sich für den Laien nicht auf Anhieb.

Die Antwort könnte nicht komischer sein: Auf circa 600 Metern verläuft der in Essen entspringende Borbecker Mühlenbach in Heißen auf dem Stadtgebiet – wohlgemerkt als stinkende braune Brühe, begradigt, in Betonsohlschalen gezwängt. Der offene Abwasserkanal mündet später in Essen in die Berne, die wiederum in die Emscher, die ebenso wie ihre Zuflüsse unter dem Spitznamen „Köttelbecke“ bekannt ist.

Abwässer von rund 14.000 Haushalten

Eigentlich könnte die Landschaft in diesem östlichen Zipfel Mülheims nicht schöner sein: Fischreiher rasten auf den Deichen, die Brachfläche westlich der Mölmschen Kloake ist ein grünes Feuchtbiotop, mit Flora und Fauna. Bis auf die Zuggeräusche der nahen Eisenbahnstrecke ist es ruhig, kein Autolärm von der nahen A 40 ist zu hören. In Sichtweite erblickt man die Brenntag-Zentrale am Rhein-Ruhr-Zentrum, aber man ist mitten in der Natur. Nur wenig Wohnbebauung prägt das Bild, Spaziergänger gehen ihrer Wege. Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft, steht auf der kleinen Brücke am Frohnhauser Weg und deutet auf den Borbecker Mühlenbach: „Früher war das hier eine völlig natürliche, idyllische Bachlandschaft.“ Früher, wie gesagt. Heute sieht man stattdessen Toilettenpapier und andere heruntergespülte Dinge, die in der stark verschmutzten Köttelbecke treiben. Die Abwässer aus den Haushalten von 13.826 Mülheimern sind an dieses System angeschlossen, der größte „Dreckspatz“ dürfte das nahe Einkaufszentrum sein.

Fertigstellung Anfang 2017

„Die Privathaushalte sind erstmal an die städtische Kanalisation angeschlossen, die über Zulaufkanäle daran angeschlossen sind“, erklärt Abawi. Das überirdische Abwassersystem soll auch in Mülheim verschwinden. An vielen Stellen hat die 1899 gegründete Emschergenossenschaft bereits mit dem Bau eines unterirdischen Kanalsystems begonnen und Zuflüsse renaturiert. Voraussichtlich ab Frühjahr 2013 werden dazu auch die Arbeiten auf Mölmschen Stadtgebiet beginnen: „Parallel und unterirdisch zum Bachverlauf entsteht dann in offener Bauweise ein Kanal, dessen Rohre einen Durchmesser von 3,60 Meter haben werden“, so Abawi. Ferner entstünde unter der Brachfläche ein Regenrückhaltebecken. „Der Kanal wird so groß sein, dass es eine Wasserbehandlung geben wird. Dafür wird das Wasser im Kanal aufgestaut, so dass schweres schmutzigeres Wasser unten bleibt und sauberes Wasser über eine Entlastungsschwelle schwappt“, erklärt der Sprecher. Er rechnet mit keinen größeren Einschränkungen für die Anwohner: „Die Baustelle wird sichtbar sein und Fahrzeuge werden wohl den öffentlichen Verkehr kreuzen.“

Mülheim(er) an der Ruhr

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Ende 2016 bzw. Anfang 2017 wolle man den Kanal fertig haben. Dann beginnt eigentlich der spannende Teil des Umbaus: „Der Bach bekommt ein neues Bett, die Begradigung wird aufgehoben, indem wir die Betonsohlschalen entfernen“, sagt Abawi. Solsubstrate würden aufgeschüttet, aber auf eine Initialbepflanzung werde man verzichten: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Natur sich das schnell wieder zurückerobert.“ Und die Fauna? „In einem anderen Flusslauf in Bottrop hat die Emschergroppe überlebt. Die haben wir bereits an renaturierten Stellen ausgesetzt. Das könnte auch in Mülheim denkbar sein.“

Die Fischreiher würd’s freuen.

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