Mülheim. .

Unter dem Motto „Unbedacht Klick gemacht“ nutzt die Verbraucherzentrale den Weltverbrauchertag, um auf „das Geschäft mit illegalen Downloads“ (aus dem Internet heruntergeladene Filme, Spiele, Lieder) aufmerksam zu machen. Auch in die Mülheimer Zentrale kommen regelmäßig Betroffene mit imposanten Schreiben und gesalzenen Rechnungen. Seit April 2011 waren es 75. Die Dunkelziffer, schätzen die Experten, liege wesentlich höher.

Um es vorwegzunehmen: „Natürlich sind wir nicht dafür, dass illegal heruntergeladen wird.“ Christiane Lersch, Leiterin der Mülheimer Verbraucherzentrale, betont: „Es ist kein Gentlemen-Delikt.“ Es ist eine Straftat. Die Rechtsanwaltskanzleien, die den Besitzern der zum illegalen Download genutzten IP-Adresse Abmahnungen schicken, sind durchaus im Recht. Wie sie jedoch ihre Schreiben gestalten, nennt Jens Kassen, Rechtsanwalt der Verbraucherzentrale, „rechtsmissbräuchlich“.

Denn die Abmahnungen sind Schriftsätze, die sogar Fachmann Kassen als „beeindruckend“ beschreibt. Auf 15 bis 20 aufwendig gestalteten Seiten werden die heruntergeladenen Titel aufgelistet – teils ergänzt um einen pornografischen Film, um Druck und Scham noch zu erhöhen.

Abmahnungen sollten nicht ignoriert werden

Verluste von bis zu 10.000 € pro Titel plus entsprechende Anwaltskosten führen die Kanzleien an. „Aber weil sie so gutmütig sind, geben sie sich mit einer geringeren Summe zufrieden“, fasst Jens Kassen das Fazit ironisch zusammen. Zwischen 300 und 1000 € werden, je nach Kanzlei, gefordert. Allein diese Differenz beweist Kassen Willkür: „Meiner Meinung nach sind die Forderungen übertrieben und nicht darstellbar.“ Er geht von gesetzlich gedeckelten Anwaltskosten von 100 € und einem „einfach gelagerten Fall“ aus. Immerhin seien die Schreiben Serienbriefe, der Aufwand der Kanzleien also gering.

Umso größer ist der Gewinn. 40 Kanzleien mischen bundesweit in diesem lukrative Geschäft mit: Eine Münchener verschickte 2010 stolze 86.670 Abmahnungen. Kassen: „25 % der Angeschriebenen überweisen sofort.“ Das wuchtige Schreiben entfalte die gewünschte psychologische Wirkung. Die Höhe mag strittig sein, die Abmahnungen selbst sind rechtmäßig. Die Verfasser nutzen eine Lücke im Urheberrecht: In Deutschland liegt es beim Angeschriebenen seine Unschuld zu beweisen. Da die Kanzleien – wie auch immer – IP-Adressen vorweisen können, tendiere die Chance dazu gen Null.

Christiane Lersch und Jens Kassen warnen davor, die Abmahnungen zu ignorieren. Sie raten, die Verbraucherzentrale oder einen Anwalt zu konsultieren. Bei der Verbraucherzentrale kostet die Hilfe inklusive einem Schriftwechsel 80 €. Wichtig sei zudem eine Unterlassungserklärung abzugeben – jedoch nie die, die der Abmahnung beiliegt, sondern eine modifizierte ohne Anerkennung der Rechtspflicht.