ADAC-Präsident Peter Meyer hält das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 rund eine Million Elektroautos auf die deutschen Straßen zu bringen, für realistisch und erreichbar. Das sagte der Mülheimer beim inzwischen 153. Unternehmertreff im Haus des Netzwerkes Zenit an der Bismarckstraße. Zenit lädt seit Jahren Experten zu aktuellen Themen ein.

„Nach einer aktuellen ADAC-Studie mit mehreren 1000 Teilnehmern haben 85 Prozent der Bundesbürger eine positive Einstellung zu Elektrofahrzeugen, 74 Prozent der Bürger würden sich unter bestimmten Umständen ein E-Auto kaufen“, sagte Meyer zur Begründung vor rund 100 Unternehmern aus Mülheim. „In den Köpfen vieler Kunden findet zur Zeit ein Umdenken statt. Aber die große Mehrzahl der Befragten akzeptiert bei E-Mobilen keine Einschränkungen bei Reichweite und Komfort.“

Meyer blieb realistisch: „Momentan sind erst rund 3000 E-Autos auf deutschen Straßen unterwegs. Und im Ruhrgebiet gibt es gerade einmal 40 Ladestationen für Elektrofahrzeuge.“ Der 62jährige Diplom-Betriebswirt wies auch darauf hin, dass Elektroautos mit durchschnittlich 30 bis 40 000 Euro im Vergleich zu Benziner und Dieselautos noch viel zu teuer sind. Die Käufer von E-Autos sind an erster Stelle Flottenbetreiber wie kommunale Unternehmen, gefolgt von Handwerkern und Pendlern, schließlich Studenten und Zweitwagenbesitzern.

Doch wenn die Preise sinken, die Reichweite von derzeit maximal 100 Kilometer steige und das Netz der E-Tankstellen weiter ausgebaut würden, könnte der Anteil von Benzin- und Diesel-Pkw bis 2020 zurückgedrängt werden. Dennoch: „Benziner und Diesel werden auch dann noch einen Anteil von 92 Prozent am gesamten Pkw-Bestand der Bundesrepublik besitzen.“ Meyer lehnte aber für den ADAC eine Verkaufsförderung für E-Mobile ab: „Andere Antriebsformen etwa mit Gas oder mit Wasserstoff werden momentan auch nicht mit öffentlichen Geldern gefördert.“

Das Auto werde in jedem Fall in Zukunft „das Mobilitätsmittel Nummer eins bleiben“, sagte Meyer mit Blick auf weitere aktuelle ADAC-Studien voraus: „Das Auto hat keine ernsthafte Konkurrenz: Die individuelle Mobilität ist ohne Auto kaum denkbar. Denn es gibt dazu keine wirkliche Alternative.“ Daher könnten die „apokalyptischen Reiter erst einmal absatteln“, war sich Meyer sicher.

So stoße der ÖPNV rasch an seine Grenzen. „Nach Informationen des Statistischen Bundesamtes sind die allgemeinen Lebenshaltungskosten zwischen 2000 und 2010 um 16,8 Prozent gestiegen. Die Preise für den ÖPNV legten im gleichen Zeitraum mit 43,8 Prozent wesentlich stärker zu. Natürlich ist der ÖPNV auch in Zukunft notwendig“, sagte der ADAC-Präsident, forderte aber: „Das Fahren mit Bussen und Bahnen muss deutlich attraktiver werden.“ Dazu zählte Meyer klarere und bessere Fahrgastinformationen, papierlose Fahrtickets übers Handy, bessere, funktionierende Fahrscheinautomaten, ein verständlicheres Tarifsystem, altersgerechte Busse und Bahnen sowie den verstärkten Ausbau von Park&Ride-Anlagen.

Der ADAC-Präsident forderte angesichts der drastisch gestiegenen Preise für Diesel und Benzin auch eine höhere Pendlerpauschale. „Der weltweit wachsenden Mobilität stehen zwar beträchtliche, aber endliche Rohölreserven entgegen“, fuhr Meyer fort. „Die neueste Hochrechnung besagt aber, dass die Vorkommen für die nächsten 100 Jahre reichen werden.“ Der Preis für Rohöl werde auch langfristig weiter steigen“, prognostizierte der Interessenvertreter von rund 18 Millionen ADAC-Mitgliedern.

Meyers Schlussfolgerung: „Wir werden also neue Energien für unsere Antriebe suchen müssen, wenn wir nicht wollen, dass die Mobilität zu einem Luxusartikel für wenige Zahlungskräftige verkommt.“

Ausdrücklich befürwortete Meyer in diesem Zusammenhang auch das Tanken mit dem umstrittenen Bio-Kraftstoff E 10, der seit einem Jahr angeboten wird. Inzwischen sei durch zahlreiche Untersuchungen auch des ADAC sicher gestellt, dass „E 10 keinem Motor schadet.“ Die Pflanzen für den E-10-Kraftstoff würden ausschließlich auf längst still gelegten Agrarflächen angebaut. Wenn die Mobilitätskosten nicht weiter steigen sollen, muss die Straßenbenutzungsgebühr ein für allemal begraben werden.“