Mülheim..
Als alles anfing, 1871, und August Thyssen im Steinkohlebergbau in die Tiefen ging, war die Welt für das Unternehmen noch überschaubar. Wer heute bei Thyssen Schachtbau arbeitet, der braucht nicht nur Ingenieurswissen, sondern sollte auch über Geografie-Kenntnisse verfügen.
Das Unternehmen von der Mülheimer Sandstraße expandiert in die weite Welt, in entlegene Regionen von Russland, wohl bald auch nach Kasachstan und nach Turkmenistan am Kaspischen Meer. Überall geht es ums Bohren – und ein bisschen mehr. Vorstandschef Michael Klein und Vorstandsmitglied Werner Lüdtke blicken zufrieden auf die Geschäftsergebnisse. Dem Unternehmen geht es gut. Mittlerweile, berichten sie, habe man einen sechsten großen Auftrag aus Russland bekommen, weit draußen in Sibirien, wo Thyssen Schachtbau ein komplettes Bergwerk errichtet. In Russland hat sich das Mülheimer Unternehmen einen Namen gemacht.
200 Kilometer Schächte
Seit 2008 ist man im sibirischen Norilsk tätig, wo zwei Schächte in Tiefen bis 2050 Metern geteuft werden, wo der weltgrößte Nickelproduzent an die unterirdischen Schätze will. Die Welt schreit nach Rohstoffen, Thyssen Schachtbau öffnet dazu die Lagerstätten. Wir gehören, sagt Klein, zu den Weltmarktführern im horizontalen und vertikalen Bergbau. Allein im Rohstoffmarkt Russland arbeitet das Mülheimer Unternehmen bis zum Jahr 2020 Großaufträge mit einem Volumen von 830 Millionen Euro ab.
Weltweit haben die Mülheimer bislang etwa 200 Kilometer Schächte geteuft. Unter Tage werden Grubenräume errichtet, Schächte gefestigt, unter anderem durch die Gefrierbohrtechnik, bei der am Ende die Kälte für die Stabilität sorgt. Das Unternehmen baut auf über 100 Jahre Erfahrung, die Technologie wurde stets verbessert. Inzwischen, so Lüdtke, liefere das Unternehmen auch das Komplettpaket, heißt, von der Planung über die Bohrung bis hin zur Fördertechnologie, die auf das Loch gesetzt wird und mit der die Rohstoffe hervorgeholt werden. Auch dazu wurde erst vor wenigen Wochen die Olko Maschinentechnik GmbH gekauft.
Schachtsicherung und Schachtauskleidung
Wer nach Rohstoffen sucht, arbeitet oft unter klimatisch schwierigen Bedingungen, etwa am Polarkreis. Auch geologisch ist es oft nicht einfach, so in den Alpen. In der Schweiz und in Österreich wirkt Thyssen Schachtbau bei der Wasserhaltung mit, macht Bohrungen auch für die großen Tunnelanlagen.
Das vielleicht bekannteste Werk, an dem Thyssen Schachtbau in Deutschland mitwirkt, ist das Teufen der Schächte Gorleben für radioaktive Abfälle. Dabei geht es nicht nur um das Durchteufen, sondern auch um Schachtsicherung und Schachtauskleidung.
Über die T+S Technologie und Service GmbH, die zur Thyssen-Schachtbau Gruppe gehört, steht ein leistungsstarker Maschinenpark zur Verfügung, unter anderem mit Kran-Kapazitäten bis zu 80 Tonnen. T + S verfügt über 130 Mitarbeiter und hat ebenfalls ihren Standort an der Sandstraße.
"Auch wir spüren den Mangel an Facharbeitern"
Eine weitere interessante Tochter ist die Deutsche Innenbau GmbH, der drittgrößte Komplettbau-Generalunternehmer Deutschlands. Das mit bedeutendste Projekt steht kurz vor der Vollendung: The Squaire“, ein Gebäudekomplex mit Hotel-, Büro- und Einkaufsflächen über dem Bahnhof am Frankfurter Flughafen. In diesem Jahr soll das Projekt fertig werden und hat ein Auftragsvolumen von rund 100 Millionen Euro.
Und noch ein Bauunternehmen gehört zu den Töchtern, die TS Bau GmbH mit Standorten in Thüringen und Sachsen. Hoch-, Tief und Industriebau gehören dort zum Leistungsspektrum wie auch Deponiebau oder Abbrucharbeiten.
Rund 1500 Mitarbeiter sind für Thyssen Schachtbau tätig, viele Bergbau- und Bauingenieure. „Auch wir spüren den Mangel an Facharbeitern“, sagt Klein und verweist auf die Anstrengungen des Unternehmens bei der Ausbildung.