Die Ruhrtalbrücke wurde einst als eleganter Wurf gefeiert. Doch die Konstruktion war nicht auf gewichtigen Verkehr eingestellt.
Sie wurde als elegante Schönheit gefeiert, als architektonisch großer Wurf, als stolze Stahlkonstruktion, „die Bauwerk und Landschaft in glücklicher Weise zu einer Einheit verschmelzen lassen”. Viel Lob für eine 1830 m lange Verkehrslösung: die Mintarder Ruhrtalbrücke.
Spektakulär wie die Präsenz im Ruhrtal sind die Bilder aus der Bauzeit, die am 15. August 1963 begann. Die 18 Stahlbetonpfeiler ragen in den grauen Himmel, bis zu sieben Meter pro Tag wachsen die Stützen, die später die doppelspurigen, 8,50 m breiten Fahrbahnen, zwei Standspuren und Randstreifen tragen werden. Von beiden Seiten schiebt sich die Stahlkasten-Konstruktion der Brückenmitte entgegen.
Krupp Stahlbau in Rheinhausen und Rheinstahl Eggers Kehrhahn aus Hamburg arbeiten einander zu. Bis zu 126 m gilt es an einem Stück zu überbrücken. 63 m über dem Ruhrlauf kommt es am 25. Juni 1966 zur historischen Vereinigung. Der Vorbau ist beendet, das 80 t schwere Brückenschluss-Stück wird eingepasst.
Sechs Jahre Vorlauf- Planungs- und Bauzeit hat es bis zu diesem Moment gedauert. 17 000 Kubikmeter Stahlbeton, 2600 t Bewehrungsbeton und 13 300 t Stahl sind bis zu diesem Zeitpunkt verbaut worden. Die Brücke ist nicht die einzige Großbaustelle. Im Westen werden 200 000 Kubikmeter Erdreich bewegt und der Auberg um 20 Meter eingeschnitten, um die Fahrbahn anzuschließen, auf der rechteten Ruhrseite wird mit dem Aushub die Fahrbahn erhöht.
Zwischen der Essener Gruga und dem Autobahnanschluss wird zudem die neue, zwölf Kilometer lange Trasse der B 288, der heutigen A 52, gebaut. Insgesamt investiert der Landschaftsverband Rheinland in das Großprojekt (aus heutiger Sicht bescheidene) 100 Mio DM, 48,6 Mio davon kostet die Brücke.
Am 5. Dezember 1966 wurde das Bauwerk freigegeben. „Die Verkehrsfachleute rechnen damit, dass täglich 20 000 Kraftfahrzeuge die Brücke überqueren werden”, schrieb Karl Wilhelm Tempelhoff 1967 im Mülheimer Jahrbuch. Mit den Prognosen haben sich die Planer verschätzt, vor allem hatten sie aber nicht mit der stetigen „Gewichtszunahme” auf der Brücke gerechnet. Bis zu 80 000 Fahrzeuge rollen über das Bauwerk, die Lkw-Gewichte und Achslasten haben sich zudem seit den 60er Jahren um35 % erhöht.
Bei aufgestautem Verkehr bestand „Beulgefahr” für den Stahlrohrkasten. Bereits 1979 mussten die Rollenlager ersetzt werden, 2002 war dann klar: Die Ruhrtalbrücke braucht eine Stärkung für die Brummis.
Von 1996 bis 1999 hatte es schon frische, blautürkise Farbe und Rostschutz für den Stahl gegeben. 8,2 Mio DM kostete die nötige Schönheitsoperation, die statischen Probleme blieben. 244 zusätzliche Querträger, jeder 7,50 m lang, jeder 260 Kilo schwer, wurden schließlich in den Kasten eingeschweißt. Im nächsten Schritt stand eine Betonsanierung der Pfeiler an, 2005 dann die Erneuerung der Fahrbahn. Kosten: erneut 15 Mio €.
Im Juli 2003 forderten die Arbeiten ein Todesopfer. Ein 48-Jähriger starb, als eine Arbeitsgondel abstürzte und drei Arbeiter mit in die Tiefe riss. Es war nicht der erste schwere Unfall an der Brücke, die früh auch zu traurigem Ruhm kam – als Entführungs-Versteck und als Plattform für Selbstmörder. Hohe Sperren sollen heute vom Sprung in den Freitod abhalten.
Leidgeprüft sind viele Mintarder allerdings vor allem durch den Lärm, der von der Autobahn ausstrahlt. Seit der Sanierung, klagen sie, sei es sogar lauter geworden. Die Stadt ist bemüht, das Tempo über der Ruhr auf 80 km/h drosseln zu lassen. Bislang vergeblich.