Mülheim..

„Ich habe den Glücksgriff gemacht“, sagt Tanja Schmieg, und meint die beiden 16-jährigen Mädchen an ihrer Seite: Jill Cramer und Alina Dietrich. „Die zwei sind selbstständig und haben viel selbst gelöst.“ Frau Schmieg kann übrigens auf 47 Lebensjahre zurückblicken, das Trio fand sich im Rahmen des Projektes „Ausbildungspaten für Mülheim“.

Wobei es, dies vorweg, eine Ausnahme ist, dass jemand gleich zwei Jugendliche betreut. „Die Tanja“, wie Alina und Jill sie längst nennen, möchte es aber so. Und sie hat auch die Zeit dafür. Früher war Tanja Schmieg, aufgewachsen in Berlin, wohnhaft in Mülheim-Saarn, als Kauffrau in der Haus- und Grundstückswirtschaft tätig. Nun ist sie Hausfrau mit Nebenjob und „in der glücklichen Lage“, keinen Beruf zum Geldverdienen ausüben zu müssen.

"Ich wollte etwas sinnvolles tun"

Doch sie verspürte einen Wunsch: „Ich wollte etwas Sinnvolles tun.“ Sehr gerne mit Kindern, eigene hat sie nicht. Sie erkundigte sich beim Centrum für bürgerschaftliches Engagement (CBE). „Ausbildungspatin“ – das kam ihren Vorstellungen entgegen.

Etwa zur selben Zeit füllten Alina und Jill, beste Freundinnen, beide damals noch in der neunten Klasse an der Hauptschule Speldorf, einen Fragebogen aus. Auf Vorschlag ihrer Lehrerin bewarben sie sich für das Projekt. Sie trugen ihre Berufswünsche ein: „Heilerziehungspflegerin“ schrieb Alina, „Tiermedizinische Fachangestellte“ notierte Jill. Sie gaben auch Hobbys an: „Mit Freunden treffen. Feiern gehen. Tanzen.“ Seit Mai 2011 sind die Mädchen, inzwischen zehnte Klasse und im schulischen Endspurt, mit Tanja Schmieg in engem Kontakt.

Sie treffen sich nicht zu festen Terminen, sondern nach Bedarf. Mal zu dritt, mal unter vier Augen, mal zum Bummeln oder Kaffeetrinken, mal, um Bewerbungen durchzuschauen. Beide Mädchen hatten das Gefühl, Unterstützung gebrauchen zu können. Bei Jill beispielsweise war anfangs der Berufswunsch noch etwas unsicher. Inzwischen nicht mehr: Sie arbeitet als Praktikantin in einer Tierklinik.

Mehrwert der Begleitung

Samstag soll sie erfahren, ob es dort auch mit einer Ausbildungsstelle klappt. Spannend. Alina hat schon die Zusage, dass sie nach dem Hauptschulabschluss im Sommer eine Fachschule in Duisburg besuchen kann, die zum Wunschberuf führt. „Darum haben sich die beiden aber selber gekümmert“, betont Tanja Schmieg.

Die Ausbildungspatenschaften zielen nicht nur darauf, die Jugendlichen in Stellen zu vermitteln. Sie sind unbefristet und sollen ruhig weitergehen, wenn die Lehre läuft. Von einem „Mehrwert der Begleitung“ spricht CBE-Geschäftsführer Michael Schüring. „Es gibt Patenschaften, die seit Jahren bestehen.“

Wenn sie sich mit Alina und Jill trifft, werde nicht nur über Schule und Beruf geredet, so Tanja Schwieg, auch über private Dinge. „,Freundin wäre zu viel gesagt, aber ich versuche zu vermitteln, dass die beiden mich jederzeit anrufen können.“ Bei Alina steht demnächst der Führerschein an. „Dann werden wir wohl mal gemeinsam zum Idiotenhügel fahren.“ Die Ausbildungspatin und ihre Schützlinge.