Mülheim. .

Vor 13 Monaten haben reihenweise Bürger beim Verwaltungsgericht Klagen dagegen erhoben, dass die Stadt von ihnen Jahrzehnte nach der Fertigstellung ihrer Straße Erschließungsbeiträge einfordert. Im Februar nun stehen die ersten Kammergerichtsverfahren in Düsseldorf an.

Ende 2010 hatte die Stadt sich bei Anliegern der Albert­straße (Styrum), Barbarastraße (Dümpten) und Dessauer Straße (Heißen) keine Freunde gemacht, als sie ihnen Beitragsbescheide zustellen ließ, um den Straßenbau von anno dazumal abzurechnen. Im Fall der Barbara­straße lag die technische Fertigstellung der Straße zu diesem Zeitpunkt gar schon gut 40 Jahre zurück.

Bis zum Jahr 2006 gab es eine städtische Satzung, die der Stadt verbot, Erschließungsbeiträge einzufordern, wenn einer Straße noch ein Merkmal „der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage“ fehlte, etwa ein beidseitig befestigter Gehweg.

Bürger fühlen sich verschaukelt

Sie meint, Beiträge auch noch in den Altfällen kassieren zu können, weil sie sich für 2007 von der Politik eine neue Satzung hat absegnen lassen. Diese verzichtet auf ein Bauprogramm mit festgelegten Merkmalen wie etwa beidseitigen Gehwegen. Kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist gingen Ende 2010 entsprechende Beitragsbescheide raus.

Mindestens ein Teil der betroffenen Bürger fühlt sich verschaukelt. Manche haben Rechnungen für eine Bauleistung bekommen, die so lange zurückliegt, dass sie nicht einmal Besitzer ihres jetzigen Grundstücks waren. Anwälte der Kläger pochen auf Verjährung der Ansprüche. Für diskutabel wird auch gehalten, dass die Stadt ihr Recht auf Zahlung der Beiträge verwirkt hat – weil sie ihr Recht so lange nicht geltend gemacht hat und die Anlieger sich darauf einrichten konnten, dass die Stadt dieses Recht auch künftig nicht mehr geltend machen würde. Diese Ansicht vertrat seinerzeit auch Mülheims CDU-Chef Andreas Schmidt, selbst Rechtsanwalt und ehemals Vorsitzender im Rechtsausschuss des Bundestages.

Kommunales Handeln in Ähnlichen Fällen für rechtens erklärt

So gibt es etwa auch einen Teil an der Albertstraße in Styrum, der 1983 als Spielstraße ausgebaut worden war, klar: ohne Gehwege. Die Stadt verlangt hier ebenso Beiträge wie an einem anderen Teilstück der Straße, das an der Seite zur Bahnlinie über keinen befestigten Gehweg verfügt. Durch die nachträgliche Satzungsänderung glaubt die Stadt nun Beiträge fordern zu können.

Die Albertstraße wird am 23. Februar das Verwaltungsgericht in Düsseldorf beschäftigen. Für diesen Tag sind für sechs Klagen Verhandlungen angesetzt. Das Gericht wird zu befinden haben, ob die nachträglich von der Stadt geschaffenen Voraussetzungen für die Abrechnung der Erschließung rechtlich möglich sind. In ähnlichen Fällen hat das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit kommunales Handeln für rechtens erklärt.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erklärte auf Anfrage, dass weitere acht Klagen von Mülheimer Bürgern gegen Erschließungsbeitragsbescheide, die Anfang 2011 eingereicht worden sind, „zur Terminierung anstehen“. Die sechs Verfahren im Februar basieren auf Klagen von Ende 2010.