Mülheim. .

Sein Leben scheint einer Kette gleich, deren einzelne Glieder zufällig aneinander gereiht sind – zu einem einzigartigen Lebensstrang. Johannes Kopp ist Pallottinerpater, Zen-Meister, ein Mensch in Mülheim. Er war Schauspieler, Vermessungstechniker, Gebirgsjäger und Kriegsgefangener.

1927 wurde Pater Kopp in Allmendingen bei Ulm geboren. „Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit.“ Er lächelt. „Und eine sehr glückliche Beziehung zu meiner katholischen Kirche.“

Doch bis er 1963 die Priesterweihe empfing, folgten zunächst ganz andere Stationen seines Lebens, andere Glieder der Kette. Nach der Volksschule wusste er nicht, was er beruflich machen sollte. Er ging mit seinem Schulzeugnis zum Arbeitsamt, am Schalter wurde ihm ein Zettel zugeschoben. Die Adresse zur Ausbildung zum Vermessungstechniker. Der Krieg unterbrach seine Arbeit, er wurde Gebirgsjäger, geriet in amerikanische Gefangenschaft. 50 Tage. „Das war mein erstes großes Fastenerlebnis. Ich weiß, was Hunger ist“, blickt der Pater zurück. Er scheint nachdenklich, einen kurzen Moment, dann hebt sich seine Stimme wieder, ein freundliches Lächeln erfüllt das Gesicht. Er macht eine ausladende Handbewegung – er erzählt die Geschichte parallel, in Worten und in Gesten. Es ist vielleicht der Schauspieler, ein weiteres Glied der Kette, das zwischendurch hervorblitzt.

Die Schauspielausbildung absolvierte er in Stuttgart an der Hochschule. Warum er Schauspieler werden wollte? „Ich wollte selber fragen und zeigen, welche Bewandtnis es mit dem Menschsein hat. Die Erlebnisse im Dritten Reich „haben mich vielleicht zu einem Revolutionär gemacht“. Sein Motiv, Schauspieler zu werden, war die Darstellung des Menschenbildes. Was ihn zu der Frage führte: Wie werde ich Mensch? Kopp studierte die Abschiedsreden Jesu im Evangelium des Johannes, er lernte sie auswendig, spielte sie einen Monat nach. „Dann sah ich die Dinge, wie sie sind.“ Er war damals 23 Jahre alt, wollte Priester werden. Das wurde er, bei den Pallottinern. Welche Auffassung vertritt diese Gemeinschaft des apostolischen Lebens? „Sie sind als Mensch mitverantwortlich für die Dinge, wie sie in der Welt laufen, und sie sind auch begabt und beauftragt.“ Das war das Menschenbild, nach dem er gesucht hatte. „Es ist die Aufgabe, einander zu dienen, für das Gemeinsame zu dienen.“

Seit 1969 ist Pater Kopp Bürger der Stadt Mülheim. Darauf ist er stolz. Er lebt gerne hier, auch weil die Stadt ihm so viel zu bieten hat, Zugang zu Kultur, Wissenschaft, Technik . . . Er kam als Fachleiter für Religion an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule. 1971 fragte ihn seine Pallottiner-Gemeinschaft, ob er sich im Bereich der Meditation einbringen möchte. Er hatte nichts dagegen, besuchte die Abende zur Einführung in die Meditation von Jesuit, Japan-Missionar und Zen-Meister Hugo Lassalle in Essen. Der war es auch, der Bischof Hengsbach vorschlug, dass Pater Kopp nach Japan reisen solle. In Tokio wurde er im christlichen Meditationszentrum unterrichtet und erhielt 1985 seine Lehrbefähigung. Seit 2005 ist Pater Kopp Zen-Meister.

Symbiose an der Tapete

In seinem Büro hängt die unscheinbare Zen-Lehrer-Urkunde an der Wand, neben dem christlichen Kreuz, Schriftstücken mit japanischen Zeichen, einem Bild von Lassalle. Eine Symbiose an der Tapete. Zen-Buddhismus und Christ-Sein, passt das zusammen? „In allen Religionen sind die Samenkörner der Wahrheit“, resümiert Pater Kopp das Dekret des Vatikanischen Konzils, „des Jahrhundertereignisses“, weil die katholischen Geistlichen zu der Erkenntnis gelangten, „dass die Wahrheit in allen Religionen lebt“ und man daher in einen interreligiösen Dialog treten muss. Und diesem hat sich Pater Kopp verschrieben. Er sagt, man müsse „nicht gegeneinander, sondern miteinander und füreinander leben“. Nur so könne man einen Teil zum Frieden in der Welt beitragen.

Pater Kopp gibt Zen-Kurse. Die Zen-Übungen in der christlichen Meditation seien etwas Erfahrbares für die Menschen. „Bei Zen geht es nicht um Theorie, sondern um das Wesen des Menschen.“ Man soll sich selbst erfahren, zu sich finden. Die Zukunft sei das Erfahren und Leben und nicht die Lehre. Das sei „die lebendige Darstellung des Menschenbildes“ – das Menschenbild, nach dem er suchte.