Mülheim. .
Der Charme der alten Zeit ist geblieben. Die alten schweren Türrahmen, der Stuck an den Decken, die imposanten Leuchter, die Ornamente in Stein und Putz, die historischen Fenster, einfach auch die Großzügigkeit von Raum – die Sanierung des historischen Rathauses geht in die letzten Tage. Freitag soll alles fertig sein.
Nach Weihnachten ziehen die ersten Dienststellen wieder ein. 460 Bedienstete, von der Oberbürgermeisterin bis zum Hausmeister, werden künftig dort arbeiten. Der Rat der Stadt tagt ab dem Frühjahr wieder in den Gemäuern von 1910. Freundlicher, heller, offener wirkt der sanierte Bau. Keineswegs pompös, schlichte Eleganz trifft es eher. Das Gebäude ist barrierefrei, verfügt über acht Aufzüge statt wie bisher nur über einen. „Deutlich bürgerfreundlicher“, nennt Frank Buchwald, Chef des städtischen Immobilienservice, das Bauwerk mit der neuen Adresse Am Rathaus 1.
Gut zwei Jahre dauern bislang die Arbeiten an, bis zu 500 Handwerker haben an manchen Tagen in dem Bau geschuftet. Derzeit herrscht Endspurt-Hektik. Überall wird noch etwas gestrichen, vermessen, verlegt, gesägt. „Typisch für jede Baustelle“, sagt Buchwald und verweist auf Feinheiten in den gefliesten Böden, auf die Hell-Dunkel-Kontraste, die nicht nur ästhetisch, sondern auch sicherheitstechnisch eine Bedeutung haben. Die Akustik wurde vor allem in den Sälen der Politik verbessert. Mit ein wenig Stolz führt der Immobilien-Chef die Bibliothek des Rathauses mit großem Kronleuchter vor. Und er fragt: „Was hätte man sonst aus dem Bau machen sollen als wieder das Rathaus?“
45 Millionen, finanziert von der Stadttochter SWB, hat die Sanierung gekostet. Die Stadt zahlt Miete fürs eigene Haus. Vieles war schlecht, kaputt, längst überholt oder nur noch als Notlösung zu tolerieren. Die Erneuerung von Dach und Fassade war noch mit die einfachste Maßnahme. Die Herstellung des Brandschutzes war dagegen schon deutlich aufwendiger und teurer. Dazu der technische Standard des 21. Jahrhunderts und die Beachtung des Denkmalschutzes trieben den Preis in die Höhe. Kosten, die unter dem Weiß der Wände verschwinden.
Mit zwei Millionen Euro, so Buchwald, wurde der ursprüngliche Kostenrahmen überschritten. Unvorhersehbares, wie es heißt. Mehrere hundert Quadratmeter Decke mussten komplett herausgerissen werden, weil alte Brandspuren aus dem Zweiten Weltkrieg plötzlich bei den Bauarbeiten nicht nur zu sehen, sondern auch wieder zu riechen waren – „als wäre das Feuer erst wenige Tage alt“.
Der Haupteingang wird künftig an der neuen Straße „Am Rathaus“ liegen, die direkt zum Fluss führt. Nicht jeder Mitarbeiter hat Wasserblick. Die OB blickt von der zweiten Ebene auf den kleinen Hafen, die Bürgermeister sitzen im Erdgeschoss, darüber die Dezernenten. Ein Empfang mit Service für die Bürger befindet sich im Erdgeschoss vor der Rotunde. Das zentrale Finanzmanagement, das Rats- und Rechtsamt, das Ordnungsamt mit Ausländeramt, das Standesamt, das Amt für Kinder, Jugend und Schule werden zwischen Weihnachten und Neujahr einziehen, im Januar geht es dann weiter.
Gleich mehrere angemietete Gebäude kann die Stadtverwaltung in den folgenden Monaten aufgeben oder eigene Objekte verkaufen: Das Gebäude an der Bahnstraße 25 übernimmt die SWB; an der Heinrich-Menzel-Straße, an der Schloßstraße, an der Leineweberstraße und an der Koloniestraße wird die Stadt zügig ihre Büroflächen verlassen, das Haus an der Ruhrstraße 1 erst in zwei Jahren. „Etwa eine Million Euro“, sagt Buchwald, „werden wir künftig an Mietkosten im Jahr einsparen.“ Dazu Energiekosten in noch unbekannter Höhe.