Mülheim. .

Oma Helene kam noch ohne Computer zurecht. Sie rechnete im Kopf und stapelte die Kartons nach ihrem eigenen System. Mit viel Fleiß machten sie und ihr Mann Wilhelm Karenfort den Laden zu einem namhaften Schuhgeschäft in der Innenstadt. Am 26. November feiert das älteste Schuhhaus Mülheims seinen 110. Geburtstag.

Was würde Oma Helene heute über ihr kleines Familienunternehmen sagen? „Sie wäre sehr stolz“, weiß Birgit Karenfort. Die Enkelin trat in ihre Fußstapfen und führt das Geschäft mittlerweile in der vierten Generation.

An der Viktoriastraße wird der runde Geburtstag mit zwei Wochen Ausverkauf gefeiert. Die Schaufenster sind leer gefegt, Angebotsschilder kleben an den Scheiben. In der oberen Etage des Ladens schlüpfen die Kunden in Slippern oder Stiefeletten – alles reduziert.

Seit 1957 hat das 160 Quadratmeter große Geschäft seinen Sitz an der Viktoriastraße. „Davor waren wir an der Hindenburgstraße, die heutige Friedrich-Ebert-Straße“, sagt Birgit Karenfort, die das Geschäft seit 2004 als Inhaberin führt. Sie berät hier und da, hilft in Schuhe, drückt auf große Zehen. Die 40-Jährige ist stolz auf die lange Tradition des Familiengeschäfts und freut sich über so viel Kundschaft zum Geburtstag.

Jenseits der Norm

Als ihr Urgroßvater Georg Karenfort den Laden im Jahr 1901 eröffnete, war es die erste Schnellschusterei der Stadt. „Kurz darauf wurde ein Schuhgeschäft daraus“, weiß Birgit Karenfort. Ab den Vierzigerjahren übernahmen Oma Helene und Opa Wilhelm dann den Laden bis 1978, danach traten ihr Vater Hans-Georg und Tante Marlene Karenfort an die Spitze des Schuhhauses.

Bereits als kleines Kind spielte Birgit Karenfort zwischen den Kartons. „Da hatten wir noch ein Karussell für Kinder in der unteren Etage.“ Dass sie das Familienunternehmen mal übernehmen würde, stand für Birgit Karenfort nicht von Anfang an fest. „Erst später habe ich mich dazu entschlossen, den Laden zu übernehmen.“

In den letzten Jahren hat sie am Auftritt gefeilt und das Sortiment verjüngt – weg von Gesundheitslatschen, hin zu modernen Modellen. „Früher hatten wir fürchterliche Fräulein-Rottenmeier-Schuhe im Sortiment“, erinnert sich die 40-Jährige. Das Schuhhaus sei vor allem die richtige Adresse für Kunden, die Gesundheitsschuhe und Spezialgrößen benötigen. „Wir führen Sonderweiten, jenseits der gängigen Norm.“

Frischer Wind

„Doch das altbackene Bild passt nicht mehr, heute führen wir auch moderne Pumps.“ Denn auch ältere Damen wollen schick aussehen. Schließlich müsse man in Zeiten des Online-Schuhhandels und der großen Konkurrenz der Ketten als Einzelhandel bestehen können. Der Vorteil: „Bei uns können die Kunden noch anprobieren.“

Oma Helene würde sich über so viel frischen Wind sicher freuen – da ist sich Birgit Karenfort sicher.