Die neue Ermittlungsgruppe Jugend beim Polizeipräsidium Essen-Mülheim zieht positive Bilanz. 38 % der Jugendlichen im Intensivtäterprogramm hätten keine weiteren Delikte begangen, erklärt Kriminalhauptkommissar Uwe Schumacher.

Neue Ermittlungsgruppe Jugend, Uwe Schumacher. Foto: Arnold Rennemeyer
Neue Ermittlungsgruppe Jugend, Uwe Schumacher. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ

Wenn es so klappt wie in Köln, wären wir zufrieden. Dies dachten im Frühjahr 2008 die Initiatoren der neuen Ermittlungsgruppe (EG) Jugend beim Polizeipräsidium Essen-Mülheim. In der Großstadt am Rhein konnte mit Hilfe eines speziellen Konzeptes ein Drittel der jugendlichen Intensivtäter „straffrei gehalten werden”, wie es heißt. Nun zieht die hiesige EG Jugend, in der zehn Beamte sitzen, nach einem Jahr vorläufige Bilanz.

38 % der Jugendlichen im Intensivtäterprogramm hätten keine weiteren Delikte begangen, erklärt Kriminalhauptkommissar Uwe Schumacher. Bislang, muss man allerdings betonen. Für immer, wäre das Ziel. Auf dem Gebiet beider Städte befasst sich die Ermittlungsgruppe derzeit mit 74 Jugendlichen (darunter zwei Mädchen) im Alter zwischen 13 und 20. Alles Leute, die mehr als fünf Straftaten auf dem Konto haben, keine Kinderstreiche: Gewaltdelikte.

Für 28 von ihnen gilt, was Schumacher gesagt hat: keine weiteren Beschwerden. Zugleich sind jedoch 15 Jugendliche erneut „leicht straffällig” geworden, weitere 15 hätten sogar „unbeeindruckt weitergemacht”. Erst seit Ende 2008 ist die EG Jugend auch in Mülheim aktiv. Zehn Intensivtäter werden hier betreut.

Die Polizei nimmt nach eigenen Angaben etwa zwei Mal monatlich Kontakt auf, besucht auch die Familien zu Hause. Und es gibt sogenannte „Fallkonferenzen”, bei denen verschiedene Institutionen an einem Tisch sitzen: Schule, Jugend-, ggf. Ausländeramt, Vertreter der Jugendgerichtshilfe und eben der Ermittlungsgruppe. „So kriegen wir alle Aktivitäten mit.”

Auch Petra Härtel-Breß, Staatsanwältin, nimmt an diesen Fallkonferenzen teil und findet es sehr wichtig, dass Jugendliche auf ihre Taten schnelle Reaktionen spüren. Sie hatte schon mit Leuten zu tun, hinter denen „Serien von 80, 100 Einbrüchen liegen. Die können sich gar nicht mehr an einzelne Fälle erinnern”. So sehr gehört Kriminalität zu ihrem Alltag.

In Mülheim wurde Ende März eine Gruppe 15- bis 18-Jähriger gefasst, die in der Innenstadt mehrere bewaffnete Raubüberfälle verübte – allein vier innerhalb von drei Februartagen. Auf zwei Kioske, ein Sonnenstudio, ein Stehcafé. In Essen rissen sie auf der Straße eine 90-jährige Frau um und raubten ihr die Tasche. Drei der Jungs behält man nun als Intensivtäter im Auge.

Denis Leusmann, Leiter der Jugendgerichtshilfe in Mülheim, betreut zwei davon, sie sind 17 und 18. Er schildert ihre Werdegänge: absolut untätige Eltern, beide gehen seit der siebten Klasse nicht mehr zur Schule, „leben perspektivlos”. Die Jugendhilfe erreichte nichts, auch Sozialstunden, soziale Trainings, Dauerarrest haben die Jungs schon hinter sich. „Nun werden sie eine erhebliche Jugendstrafe bekommen.” Bedauerlich, wenn es so weit kommt.

„Wir sind teilweise die ersten, die Jugendlichen zeigen, wie ein anderer Weg geht, und sich intensiv um sie kümmern”, sagt Uwe Schumacher. Die Ermittlungsgruppe wird weitermachen. 16 Jugendliche sollen noch in diesem Monat aus dem Programm verabschiedet werden. Am Schluss formulieren sie einen persönlichen Handlungsplan. Einer hat notiert, er wolle sich in der nächsten Zeit um seinen Schulabschluss und eine Ausbildung kümmern. Dazu: „straffrei bleiben”. Dies unterschreiben die Jugendlichen. Die EG lädt sicherheitshalber in einem halben Jahr noch einmal zum Gespräch.