Ärger in Kleingärten? Gibt es immer wieder – weil es Regeln gibt, die längst nicht jeder gut findet. Und so entstehen hinter Hecken, die nicht sein dürfen, Dinge, die erst recht nicht dort hingehören.

Der Gang durch das Paradies dauert keine 30 Minuten, dann ist plötzlich der Teufel los: „Bei uns bleiben die Hecken, wie sie sind!“, bricht es aus einer Dame hervor. Und was heißt überhaupt ,Terrasse’? Die auf dem Rasen ausgelegten Steine seien nur „eine Sitzgelegenheit! Da ist doch Rasen drumherum!“

Wolfgang Kerner bleibt auch bei solchen Wutausbrüchen im Gartenidyll gelassen: „Das war noch harmlos“, winkt er ab. Kinderfeindlichkeit und noch anderes muss sich der ehrenamtliche Vorsitzende des Mülheimer Kreisverbands der Kleingärtner häufiger anhören, wenn er und seine Vereinskollegen alle drei Jahre die Mülheimer Kleingärten inspizieren. Er kennt auch die Definitionskriege, die dann bildlich gesprochen vom Zaun gebrochen werden.

„Hab’ ich so übernommen“, ist übrigens eine der häufigsten Antworten, die die Inspekteure dann hören. Wer sich aber vorher nicht genau informiert, hat später auch die Verantwortung.

Dabei ist es logisch: Wer einen Garten pachtet, will ihn nach seinen Wünschen nutzen. „Wenn ich den Garten inspiziere, versuche ich erst zu verstehen, wie der Pächter es sich vorgestellt hat“, sagt Kerner. Will jemand einen klassischen Bauerngarten, will er Obst und Gemüse anbauen oder lieber eine Oase zur Erholung? Es gibt Spielräume. Und doch muss es eine Ordnung geben, so Kerner, schon dem friedlichen Zusammenleben zuliebe, „denn manche Hobbygärtner bauen schneller, als man denken kann.“

In der schönen Kleingartenanlage am Folkenborn ist das nicht anders: Hohe Hecken sind in den über 90 Gärten eigentlich nicht erlaubt, auch der 2,50 Meter hoher Schilf, der an einen Wascheimer großen Teich emporragt, geht nicht in Ordnung. Der an Sprühflecken erkrankte Obstbaum müsste ganz entfernt werden, bevor er die anderen Bäume ansteckt. Das alles halten Kerner und Kollegen im Protokoll fest. Die Mängelliste geht später an die Pächter. Grundlage ist die Garten- und Bauordnung des Landes, „die von den Vorständen aller Mülheimer Anlagen abgestimmt wurde“, sagt der Vorsitzende. Wer die Ordnung nicht akzeptier, sollte keinen Garten pachten.

Bei vielen Änderungen drücken Vorstände aber vorerst ein Auge zu, so müssen etwa Hecken und Büsche erst entfernt werden, wenn man den Garten aufgibt. „Das kann jedoch teuer werden“, warnt Kerner, denn nicht selten sind die jungen Pächter von damals beim Auszug zu alt, um die Arbeit selbst durchzuführen. Also müssen Profis ran. Von den für mehrere tausend Euro angepflanzten und gebauten Werten auf dem Pachtgrundstück bleibt nach der Abrechnung plötzlich viel weniger übrig.

„Das größte Problem ist aber das ‘Ich-Syndrom’“, meint Kerner, „da krieg’ ich was an den Nerven.“ Denn einsichtig sind im Streitfall leider nur wenige, weiß auch die 2. Vorsitzende der Kleingartenanlage Renate Greve. Seit 20 Jahren hat sie ein Stück vom Gartenparadies in Mülheim. „Manche lassen sich nichts von mir sagen, weil sie mich als Frau nicht ernst nehmen.“ Augenblicklich kriselt es im Folkenborn wegen eines neuen Weges, der zu Gärten hinter der Anlage führen soll. Der bisherige, der an einer Böschung liegt, ist laut Stadt nicht mehr sicher. Doch die Pächter, über deren Gebiet ein neuer Weg führen müsste, blockieren. „Keiner will ihn bei sich dulden. . .“