Wir schreiben das Jahr 2007. In Nordrhein-Westfalen stellen CDU und die FDP die Regierung. Ihre Landtagsmehrheit beschließt den Paragrafen 61a im Landeswassergesetz, der eine Dichtheitsprüfung von privaten Abwasseranlagen regelt.

Im Jahr 2011 – inzwischen regiert eine Koalition aus SPD und Grünen – stellen diese beiden Parteien gemeinsam mit der CDU fest: Es hat sich nicht viel getan. „Die Fristen für die Durchführung der Dichtheitsprüfung“ wurden „nicht wahrgenommen“, heißt es in einem gemeinsamen Antrag. Doch es gebe Spielräume für die Kommunen, die durch die gesetzliche Regelung ermöglicht würden. Die will man verstärkt kommunizieren. Und so steht nun in der aktuellen Broschüre des Umweltministeriums zum Thema Dichtheitsprüfung, sie sei durchzuführen „bei Neubau der Wasserleitungen, bei Änderung der Abwasserleitungen, als Erstprüfung bis zum 31.12.2015, als Wiederholungsprüfung alle 20 Jahre.“ Gemeinden könnten abweichende Fristen festlegen. Zusammengefasst: Wer ein Haus hat, sollte bis zum 31.12.2015 mal in die Röhre geguckt haben, um zu schauen, dass es nirgendwo leckt.

Doch ob es bei dieser Frist bleibt, ist nach aktuellen Entwicklungen im Landtag fraglich. Im Wirtschaftsausschuss haben FDP und Linke – und überraschend auch die CDU – für eine Aussetzung der Dichtheitsprüfung votiert. Im Kommunalpolitik-Ausschuss und im Ausschuss „Bauen, Wohnung und Verkehr“, standen FDP und Linke mit ihrem Anliegen zuvor alleine da. Doch nun haben sie auch die CDU auf ihrer Seite. Dieselbe Partei, die noch im Juni 2011 den Antrag auf Umsetzung der Dichtheitsprüfung mit SPD und Grünen unterzeichnet hatte.

Prüfen darf nur der Fachmann

Nach aktuellem Stand muss jeder Hausbesitzer bis zum 31.12.2015 seine Abwasserkanäle auf ihre Dichtheit überprüft haben. Dies kann per Drucküberprüfung mit Wasser, mit Luft oder über eine TV-Inspektion geschehen. Pro Einfamilienhaus fallen für die Überprüfung 300 bis 500 Euro an, schätzt das Umweltministerium. Bei Mehrfamilienhäusern wird es teurer. Überprüft werden darf nur von Sachkundigen, die zum Beispiel über folgende Datenbank abgefragt werden können: http://www.sadipa.it.nrw.de/Sadipa/.

„Die CDU hat im Wirtschaftsausschuss überraschend erklärt, dem Antrag zuzustimmen“, so Stefan Pfeifer, SPD-Referent für Wirtschaftspolitik. Von dieser 180-Grad-Wende hätten die Fraktionen zuvor nichts geahnt. Woher kommt der Sinneswandel?

„Das Umweltministerium hält sich nicht an die Absprachen im Antrag, der gemeinsam mit SPD und Grünen erstellt wurde“, erklärt der stellvertretende Pressesprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Axel Bäumer. Den Christdemokraten sei klar, dass man die Dichtheitsprüfung brauche, aber sie müsse bürgerfreundlich sein. Konkret geht es etwa darum, dass für Privatleute keine strengeren Maßnahmen gelten dürfen, als für die öffentliche Hand, so steht es im Antrag geschrieben. „Dies wurde vielfach verletzt“, so Bäumer. Außerdem sei die Einführung einer drucklosen Dichtheitsprüfung beschlossen worden. Auch hier würden die Vorschläge nicht umgesetzt. „Die CDU ist nicht bereit, diese Politik von Umweltminister Remmel mitzutragen.“ Also doch keine Dichtheitsprüfung?

Ganz so weit ist man im Landtag noch nicht. Entscheidend ist die Sitzung des Umweltausschusses. Der tagt am 9. November. Bisher steht aber noch nicht einmal die Tagesordnung, so dass niemand weiß, ob die FDP erneut ihren Antrag auf Aussetzung der Dichtheitsprüfung zur Abstimmung bringen wird. Außerdem sei man in Gesprächen, so Bäumer. Deshalb ist auch noch unklar, ob die CDU im Umweltausschuss wieder für den FDP-Antrag stimmt.

In Mülheim zeigt sich Jürgen Zentgraf, Leiter des Umweltamtes, noch entspannt: „Dass die Dichtheitsprüfung durchgeführt werden muss, ist geltendes Recht.“ Damit die Bürger von dieser Pflicht befreit würden, müsse sich erst das Gesetz ändern. Allerdings: Ob es das schon bald tut, vermag derzeit noch niemand zu sagen.