Mülheim.

Mit dem neuen Ambulanten Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in Heißen schließen die beiden Fachärzte Dr. Katrin Hoppe und Dr. Francisco Fontenla eine Lücke im medizinischen Angebot, das auch von Eltern aus den Nachbarstädten genutzt werden dürfte.

Mitten im Gewerbegebiet Heißen sind auf über 600 Qua­dratmetern an der Alexander­straße 50 aus ehemaligen Ingenieurbüros fröhliche, helle Räume geworden, in denen sich Kinder (und Eltern) wohlfühlen sollen. Einschüchternde weiße Kittel gibt es hier nicht. Aber viel Personal, das sich kümmert. Ein 14-köpfiges Experten-Team aus Sozialarbeitern, Erziehern, Heil- und Motopädagogen sowie eine Grundschulpädagogin unterstützt die beiden Ärzte bei der Behandlung der Kinderseelen – wobei man den Gemütszustand der Eltern häufig gleich mitversorgen muss.

Kinder und Jugendliche vom ersten Lebenstag an (Stichwort: Schreibabys, Schlaf- oder Essprobleme) bis hin zum 21. Lebensjahr können hier Hilfe bei vielfachen emotionalen und sozialen Störungen finden. Für die Diagnose nimmt man sich Zeit. Das ist auch notwendig: „Die Eltern kommen ja immer dann, wenn es ganz heftig läuft“, sagt Francisco Fontenla. Man müsse aber auch die anderen Phasen sehen, „damit man ein Bild bekommt“, ergänzt seine Kollegin. „Kleinere Kinder brauchen außerdem eine Anlaufphase, bevor man Dinge mit ihnen durchsprechen kann.“

Für die Eltern sei der Schritt in die kinderpsychiatrische Praxis nicht immer einfach. „Psycho“ sei noch immer etwas stigmatisiert, schmunzelt Francisco Fontenla. Obwohl es doch gesellschaftlich schon längst akzeptiert ist, dass auch manchmal die Seele besondere Aufmerksamkeit braucht. „Aber die Eltern sind schon sehr erleichtert, wenn ein Ansprechpartner da ist“, sagt Katrin Hoppe.

Gerade jetzt, beim Übergang vom Kindergarten in die Schule, holten sich Familien Rat: „Die Hälfte meiner Patienten in den letzten beiden Wochen waren Erstklässler“, erzählt Dr. Hoppe. Auch der Übergang auf weiterführende Schulen klappe nicht immer reibungslos. Manche Kinder sehen die Ärzte über Jahre, wenn etwa schon im Kindergarten eine Entwicklungsverzögerung aufgefallen ist und später der Junge oder das Mädchen zu Konzentrationsstörungen neigt oder mit anderen Kindern nicht so gut zurecht kommt.

Familienleben ist heute anders als noch vor 20, 30 Jahren. Neue, schnelle, immer verfügbare Medien und wenig entschleunigtes Spiel im Freien, mit Schule und Aktivitäten vollgestopfte Kinder-Tage und gar keine Zeit mehr, um sich zu langweilen. „Ihr Kind hat eine 60-Stunden-Woche“, muss Francisco Fontenla manchen Eltern vorrechnen. Die sind aber oft selbst mehrfach belastet, wollen das Beste für ihre Kids, aber unbedingt ganz anders erziehen als die eigenen Eltern.

Und dabei verlieren sie mitunter ihre ureigentlichen Aufgaben aus den Augen. „Ich möchte der beste Freund meines Kindes sein“ – das ist so ein Satz, den Fontenla nicht selten hört – mit Schrecken. Denn dass das eben gar nicht geht, dass Eltern zu sein schon eine tolle Rolle ist, das muss er dann klarstellen. Wie wichtig für Kinder Konsequenz ist, dass sie erfahren müssen, das eben auch genau das passiert, was die Eltern sagen. „Kinder müssen die Eltern als zuverlässig erleben“, so formuliert es seine Kollegin.

Vielen Müttern und Vätern sei das theoretisch gar nicht so richtig bewusst. Francisco Fontenla: „Und wenn es dann auf einmal klappt, sind sie richtig begeistert.“

Infos rund um die Praxis


Anfragen für Fort- und Weiterbildungen für Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen hat das Zentrum schon bekommen. Auch sollen Kindergruppen für das Üben sozialer Kompetenzen oder Konzentrationstrainings eingerichtet werden. „Wir wollen das im großen Rahmen anbieten, damit wir viele Familien versorgen können“, sagt Katrin Hoppe. Für den Praxisbesuch ist ein Termin und die Krankenkassenkarte nötig (Tel. 3021820). Familien müssen in der Lage sein, mit ihren Kindern regelmäßige Termine wahrnehmen zu können.