Mülheim.
Kaufen Jugendliche bei Aldi? Falls nicht: Wie hätten Sie’s denn gerne? Darum drehte sich ein fünftägiges „Innovationsspiel“ in der Styrumer Konzernzentrale, an dem 23 Zehntklässler der Realschule Broich mitwirkten.
Die Projektwoche fand im Rahmen der Initiative „Jugend denkt Zukunft“ statt, die u.a. von der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit unterstützt wird. Jugendlichen soll sie Einblicke in die Berufswelt ermöglichen und Unternehmen dabei helfen, Drähte zur nachwachsenden Generation zu spannen.
Aldi Süd klinkte sich hier schon zum zweiten Mal ein. An einem „Innovationsspiel“ im Februar hatten Jugendliche aus Duisburg teilgenommen. Dieses Mal hieß die Frage an Mülheimer Realschüler: „Wie sollte sich Aldi als Unternehmen präsentieren, um von jungen Menschen stärker wahrgenommen zu werden?“ Am Freitag präsentierten die Jugendlichen ihre Arbeitsergebnisse. Hier einige Ideen für den Discounter der Zukunft:
- Spezielle Shops für Jugendliche („Youth Stores“) werden eingerichtet, wo es u.a. Mode, fair gehandelte Lebensmittel und PC-Spiele gibt. Konzertkarten übrigens auch.
- Eine eigene Modelinie wird entwickelt, für die angesagte Stars werben.
- In die Schaufenster kommen Puppen und Produkte.
- Einkaufwagen werden zum „Magic Scanner“, der die Waren gleich registriert. An der Kasse zahlt man dann nur noch den Endpreis, das verkürzt die Wartezeit.
- Im „Aldi-Café“ tippt man die Bestellung einfach in Tabloid-PCs. Roboter stellen die Waren zusammen, der Gang durch den Discounter entfällt.
- In „Practice Zones“ darf man Produkte wie Lauf- oder Wanderschuhe testen.
- Für 22 € im Monat kann man international mobil telefonieren und im Netz surfen.
- Alle Märkte werden mit regenerativen Energien versorgt, z.B. Solarstrom . . .
Dass nicht alle Vorschläge gleich umsetzbar sind, wissen die Jugendlichen selber. Aber letztlich zählt, was Aldi dazu sagt. „Das ist eine Vielzahl kreativer Ideen, die man im Einzelfall prüfen und durchrechnen muss“, meint etwa Regionalverkaufsleiter Rüdiger Böhm, der die Projektwoche begleitet hat. „Ein Thema, das uns immer wieder verfolgt: dieser fantastische Einkaufswagen!“ Der aber noch technische Probleme bereitet. Anderes, etwa Photovoltaikanlagen, hätten sie an einigen Orten schon, „wir müssen das vielleicht bekannter machen“.
Allzu große Erwartungen, ihren Ideen bald im Einkaufsalltag zu begegnen, sollten die Jugendlichen nicht hegen. Ihre Anregung etwa, das Unternehmen müsse sich bei Facebook präsentieren, kam bereits im Februar von den Duisburger Schülern, doch einen Auftritt gibt es noch nicht. Immerhin: Man arbeitet offenbar dran.
Die Realschule Broich verbindet mit der Projektwoche auch eher einen anderen Sinn, wie ihr Leiter, Wolfgang Dahmen, erläutert: Er sähe es gerne, wenn mehr Jugendliche direkt nach dem Abschluss eine Ausbildung machen würden. Mehr als 150 Schulabgänger hätten sie jeden Sommer, doch „nur 20 bis 25 gehen in eine Berufsausbildung“.
Rund 60 Jugendliche wechseln in die gymnasiale Oberstufe, aber: Mindestens genau so viele besuchen ein Berufskolleg. „Dadurch ändert sich die Berufswahl aber oft nicht“, kritisiert Dahmen. „Vielfach ist das nur eine Warteschleife.“ In etliche Ausbildungen könne man „mit etwas Initiative“ schon nach der zehnten Klasse gehen, vielleicht parallel das Fachabitur ablegen. Dahmen möchte seine Schüler dazu bewegen, „sich ihren Werdegang noch einmal zu überlegen.“ Für einige Teilnehmer am Projekt ist vielleicht ein Ferienpraktikum der nächste Schritt.
„Jugend denkt Zukunft“
... wurde 2004 als bundesweite Initiative der Wirtschaft ins Leben gerufen. Bislang fanden schon mehr als 600 „Innovationsspiele“ statt, an denen sich über 300 Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen beteiligt haben. Gedacht ist das Ganze vor allem für Schüler/innen der Stufen neun bis zwölf, aber auch Auszubildenden oder Studenten können sich beteiligen. In der Regel kommt, wie jetzt gerade in Mülheim, eine Schule mit einer Firma aus der Region im Rahmen einer Patenschaft für eine Woche zusammen. Kontakt und alle weiteren Infos unter: www.jugend-denkt-zukunft.de