Mülheim. .

Der Stadtrat in Mülheim hat in seiner Sitzung einige Entscheidung gefällt, die für die Menschen Veränderung bedeuten. So werden Bürgerentscheide Wahlgängen gleichgestellt, das Sozialticket kommt und Taxifahren wird teurer.

Das Verlangen nach Ruhe war allgegenwärtig. So eben noch am Donnerstag, kurz vor Mitternacht, endete die letzte, für alle Beteiligten aufwühlende Ratssitzung. Am Freitag atmete die politische Belegschaft durch. Fast jedenfalls: Die MBI nannte die Umstände der Wahl nochmal „widerlich“, die CDU rang sich am Nachmittag zu einer Interpretation der mit der SPD beschlossenen Neuverteilung der Dezernate durch. Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer bezeichnet den Beschluss als einen „Sieg der Demokratie“, der verhindert habe, dass „Kommunisten und Linke verschiedener Schattierungen zum Zünglein an der Waage“ werden konnten. Wer damit genau gemeint war, blieb offen. Gegen den Beschluss hatten Grüne, MBI, FDP, Linke und offenkundig zwei CDU-Stadtverordnete gestimmt.

Zukunftsweisender ist vielleicht, was die CDU vom künftigen Dezernenten für Umwelt, Planen und Bauen, Peter Vermeulen (CDU), erwartet. Von „großen Herausforderungen“ war da die Rede und wohl von einem ebensolchen Arbeitspensum. Zu leisten sei, so Schiemer: ein Handlungskonzept Innenstadt, eine Überarbeitung der Innenstadt-Verkehrsführung, der längst überfällige Nahverkehrsplan, ein kommunales Handlungskonzept Wohnen, ein neuer Abwasserbeseitigungsplan, günstige Entsorgungsverträge mit RWE (Karnap) oder anderen, fehlerfreie, ordentliche und transparente Gebühren sowie eine bürgerfreundliche Ausrichtung verschiedener Ämter des Dezernats. Das ist nicht wenig. Und weil städtische Bedienstete durchaus schlagfertig und mitfühlend sein können, kursierte gestern bereits ein neuer Spitzname für den aus der Kulturwirtschaft kommenden Multi-Dezernenten durch die Amtsstuben: Bob, der Baumeister.

Zurück zur Ratssitzung. Neben der Neuverteilung der Dezernate beschloss das Stadtparlament weitere Punkte.

Haupt- und Grundschule Bruchstraße: Das Viererbündnis von CDU, MBI, Grüne und FDP beschloss, die Hauptschule ab dem 1. August 2012 auslaufen zu lassen. Das von der SPD vorgeschlagene Moratorium, alle im Bildungsentwicklungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen so lange anzuhalten, bis der sich abzeichnende Bürgerentscheid über den Erhalt des Schulstandorts Bruchstraße durchgeführt ist, lehnten sie ab.

Grundschule im Dichterviertel: CDU, MBI, Grüne und FDP beschlossen, dass die Schule zum 1. August 2012 der Astrid-Lindgren-Schule zugeordnet wird. Allerdings darf sie, anders als noch im Sommer festgelegt, weiterhin zweizügig sein.

Bürgerentscheide: Wenn ein Bürgerbegehren zwar die notwendige Zahl der Unterschriften erreicht, der Rat es aber ablehnt, kommt es zu einem Bürgerentscheid. Der wird künftig wie eine Wahl durchgeführt: Statt bislang nur 27 Stimmlokale gibt es in Zukunft 127. Zudem können Bürgerentscheide mit Wahlen zusammengelegt werden. Die Stadtverwaltung hatte das anders gesehen. Letztlich aber gab es eine politische Mehrheit für diesen Kurs, der auch von der Landesinitiative „Mehr Demokratie“ begrüßt wurde. Wahlen und Bürgerentscheide gleichrangig zu behandeln erhöhe nicht nur die Teilnahmemöglichkeiten. Es rücke zudem diese Form direkter Demokratie in den Rang, der ihr gebührt.

Sozialticket: Gegen die Stimmen der CDU wurde die Einführung des Sozialtickets beschlossen. Die Stadt nimmt damit an der Pilotphase vom 1. November 2011 bis Ende 2012 teil. Bezieher von Hartz IV oder Sozialhilfeleistungen können damit für 29,90 Euro im Monat ein Ticket der Preisstufe A für die Benutzung von Bus und Bahn kaufen. Darin enthalten ist auch die kostenfreie Mitnahme von maximal drei Kindern bis 14 Jahren, und zwar montags bis freitags nach 19 Uhr sowie ganztägig an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen.

Taxitarif: Ab dem 1. Januar 2012 liegt der Grundtarif bei 2,80 Euro statt bei 2,50, jeder gefahrene Kilometer wird zwischen 6 und 22 Uhr mit 1,80 Euro (derzeit 1,60) und nachts mit 1,90 Euro (1,70 Euro) abgerechnet. Auch die Kosten für die Wartezeit erhöhen sich. Bei einer Bezahlung per Kreditkarte wird eine Pauschale von 2 Euro fällig.

Nutzung von Schulräumen: Hier wurde ein Grundbetrag eingeführt. Gestaffelt nach Quadratmetern liegt er zwischen 30 und 150 Euro. Gemeinnützige und private Dauernutzer erhalten eine Ermäßigung von 50 Prozent auf das jeweilige Entgelt. Für gewerbliche Nutzer gibt es keine Abschläge mehr.