Er ist ein zählebiges Provisorium, der in abblätterndem Lila gestrichene Pavillon hinter dem Ringlokschuppen. Seit 2005 sitzt hier der Verein Eltern werden – Eltern sein e.V. Ihm liegt eine schriftliche Kündigung vor: Zum Jahresende soll das Familienbildungswerk ausziehen.
Betroffen sind auch mehrere andere (Unter-)Mieter, die im Flachbau Gitarrenstunden geben, logopädisch arbeiten oder Yoga lehren.
Gestern luden Vertreter des Vereins, verstärkt von zwei Repräsentanten der Mülheimer Grünen, zum Ortstermin. Sie wollten den Ernst der Lage verdeutlichen. Doch da war diese schon entschärft.
Aufgebaut wurden die Pavillons 1991, um das Planungsbüro für die Müga aufzunehmen. Nach der Landesgartenschau sollten die Baracken verschwinden, um den Parkplatz am Ringlokschuppen zu erweitern. Ein entsprechender Bebauungsplan gilt noch. Als Vermieterin fungiert die Stadtmarketinggesellschaft MST.
Doch die Pavillons blieben. Sie beherbergten zunächst das 2007 aufgegebene Frauenbildungswerk. Vor etwas mehr als vier Jahren zog Eltern werden – Eltern sein e.V. mit ein. Er nutzt etwa 150 der insgesamt 410 qm. Die Bauweise und Ausstattung der Baracke ist ausgesprochen einfach, die Fassade hat seit 1991 keine frische Farbe mehr gesehen, das Dach allerdings wurde vor anderthalb Jahren instand gesetzt, berichtet Reiner Krafft als Sprecher des Vereins.
Schon im vergangenen Jahr habe man von Seiten der Stadt auf Auszug gedrängt, sagt Bau- und Planungsdezernentin Helga Sander: „Weil der Pavillon baurechtlich nicht genehmigt ist.” Seither sucht der Verein nach Aussage von Reiner Krafft nach einer neuen Bleibe. Bisher erfolglos und auch mit geringer Hoffnung: „Städtische Immobilien sind zurzeit belegt, da das Rathaus leergezogen wurde.”
Eventuell anbieten würden sich Schulen, die demnächst geschlossen werden, ergänzt Thomas Behrendt, Fraktionssprecher der Grünen. Doch für diese gäbe es meist schon andere Pläne: Verkauf. Gewichtige Pluspunkte sprechen für den jetzigen Standort: das für Eltern mit Kindern nahe gelegene Grüngebiet, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Parkplätze vor der Tür – und offenbar auch der relativ niedrige Mietpreis: „An Grundmiete warm zahlen wir acht Euro”, erklärt Reiner Krafft. „Inklusive Strom.” Unter diesen Voraussetzungen sind Alternativen rar.
Zu dieser Erkenntnis ist inzwischen wohl auch die Verwaltung gelangt. Dezernentin Helga Sander kündigte gestern an, zu prüfen, „welche Investitionen für eine dauerhafte Genehmigung nötig sind, und ob diese von der MST gestemmt werden können. Um eventuell den Bebauungsplan zu ändern.” Wobei der Rat zustimmen müsste. „Wir bemühen uns ernsthaft, eine Lösung am jetzigen Standort zu finden”, sagt Sander.
Hubert Niehoff, planungspolitischer Sprecher der Grünen, möchte einen anderen Weg einschlagen, nämlich: in der nächsten Sitzung des Planungsausschusses am 15. September beantragen, dass die Frist um fünf Jahre verlängert wird. Bedeutet: Bis Ende 2014 könnten alle Mieter bleiben, ohne Eile etwas Neues suchen.
23 Jahre hätte das Provisorium dann bestanden, viel länger gibt auch Reiner Krafft dem Flachbau nicht: „Von dauerhaft kann bei dem Pavillon nicht die Rede sein. Irgendwann ist der durch.”
„Wir sind alle sehr gespannt, wo wir uns im Januar 2010 wiedersehen werden”, heißt es auf der ersten Seite des neuen Halbjahresprogramms von Eltern werden – Eltern sein. Nicht unwahrscheinlich, dass es immer noch der altgediente Pavillon sein wird, in dem dann die Kurse für Eltern, Kinder, Omas, Opas, Entspannungs- oder Therapiewillige stattfinden.
Kerngeschäft: Eltern-Kind-Kurse
„Das Kerngeschäft läuft hervorragend”, sagt Vereinssprecher Reiner Krafft, „wenn auch mit gewissen Schwankungen.” Im Vorjahr hätten sie etwa 1100 Anmeldungen von Erwachsenen bekommen, die ungefähr 800 Kinder mit-brachten, zu Angeboten von der Babymassage über das Zirkuswochenende bis zum Selbstbehauptungstraining für Mädchen.
Den Kursplan für Juli bis Dezember 2009 sowie weitere Infos gibt es im Internet (www.ewes-ev.de) oder unter 756633. Momentan sind allerdings Sommerferien.