Mülheim. .
Im Pariser Bankenviertel pappen die bunten Papierchen an beinah jeder Büroscheibe. Die Angestellten in den Büros der französischen Hauptstadt wetteifern mittlerweile um die kreativsten Merkzettelkunstwerke – sie kleben sich Botschaften, Tiere, Menschen, Fantasiebilder auf die Fenster. Was „tout les Paris“ begeistert, könnte auch ganz Mülheim vor die Scheibe ziehen, dachten sich Anke Schäfer-Delija und Kirsten Brandenberg, die die Mülheimer Designagentur „2werkruhr“ betreiben. Und beklebten das Fenster des Bistro und Restaurants Medici am Löhberg 2 mit den bunten Blättchen. Ein Blickfang, nicht nur für Vergessliche.
Mila Medic freut sich, wenn die Leute vor ihrem Laden stehen bleiben und staunen. „Viele kommen mit den Flyern des Schaufensterwettbewerbs in der Hand und gehen die Route ab“, sagt die Bistro-Inhaberin. „Interessant zu beobachten, dass was passiert in der Innenstadt“, findet sie. Und ist begeistert von der Kreativität der beiden Designerinnen: „Das Fenster ist so schön bunt geworden.“
Aus vielen kleinen Merkzetteln haben Anke Schäfer-Delija und Kirsten Brandenberg einen Mund geformt, darüber eine Sprechblase: „Hmm . . . Medici“. Das soll Appetit machen und Innenstadt-Besucher in den Laden locken. Die Zettelbilder am Seitenfenster zeigen, was die Speisekarte zu bieten hat: drei Gabeln spießen Fisch, Karotten und Peperoni auf. „Das Motiv sollte gut zum Restaurant passen“, erklärt Anke Schäfer-Delija. „Wir haben uns gedacht: Weil das Fenster klein ist, muss es knallen.“ Ein bunter Blickfang, bei dem die Passanten länger hinschauen. „Damit ist das Ziel erreicht“, findet Inhaberin Mila Medic.
Die beiden Grafikdesignerinnen bezeichnen sich selbst als „Computertäter“. „So kamen wir auf das Motto pixelig“, sagt Anke Schäfer-Delija. Schließlich lautet der Merksatz: „Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist . . .“. Jeder Kreativschaffende, der eines der 36 Schaufenster gestaltet, ergänzt diesen Satz mit einem eigenen Motto.
Kollegin Kirsten Brandenberg erklärt: „Wir wollten auch etwas Gebasteltes machen, etwas, was wir mit unseren Händen selbst gestalten.“ Auf dem Computer legten die Kolleginnen daher ein Grundmuster an, schließlich muss es eine Vorlage geben, um die kleinen Zettel punktgenau zu platzieren. „Sonst wird’s schief und krumm.“ Die roten, gelben, grünen, blauen und orangefarbenen Zettel haben sie dann nach dem vorgegebenen Raster auf der Fensterscheibe angebracht.
Was in Banken klappt, könnte vielleicht auch im Bistro funktionieren. Freuen würde es Anke Schäfer-Delija und Kirsten Brandenberg jedenfalls, wenn aus dem einen Klebemund ein Dominoeffekt entstehen würde, sich andere Händler – wie in Paris – in der Innenstadt anstecken lassen und zurückzetteln. Wie wär’s mit Mülheimer Motiven in Merkblättchenform: Das Rathaus als Post-it-Turm oder die Ruhr mit quadratischen Wellen? „Wenn man kreativ ist, kann man lustige Sachen in dieser Form machen“, finden sie. Und das auch mit einem kleinen Budget. Eines ist jedenfalls sicher: Der Anblick der bunten Merkzettelkunst bleibt Besuchern im Gedächtnis.