„Lebensqualität“ – unter diesem Slogan vermarktet sich das Ruhrgebiet auf der internationalen Immobilien-Messe „Expo Real“, die heute in München eröffnet. Für Jürgen Schnitzmeier, Chef der Mülheimer Wirtschaftsförderung, passt dies gut zu Mülheim. Trotz aller Verzögerungen beim Großprojekt Ruhrbania sieht er die Stadt auch im Vergleich bisher auf einem guten Weg.

„Bei uns ist im Gegensatz zu anderen Städten nichts weggebrochen. Andere mussten ihre tollkühnen Pläne wieder aufgeben, wir realisieren sie.“

Auf Baufeld I an der Ruhrpromenade hat der Investor Kondor Wessels inzwischen die zweite Etage erreicht, mit dem Startschuss für Baufeld II rechnet die Wirtschaftsförderung im Frühjahr des kommenden Jahres. Auf beiden Feldern entstehen über 120 exklusive Wohnungen mit bis zu 200 Quadratmetern Wohnfläche. „Wenn die beiden Projekte fertig sind, wird man auch sehen, welche hervorragende Lage das Kaufhof-Gebäude hat“, hofft Schnitzmeier. In Sachen „Wohnstadt“ sieht die Wirtschaftsförderung in Mülheim noch viel Potenzial, man denkt dabei unter anderem an das Areal der Lederfabrik Lindgens, ebenfalls direkt an der Ruhr.

Anders sieht es bei den Gewerbeflächen aus: Mülheim hat die geringste Reservefläche aller Ruhrgebietsstädte. Die Wirtschaftsförderung prüft derzeit, an welchen Stellen zusätzliche Flächen gewonnen werden können. Die interkommunale Zusammenarbeit soll ausgebaut werden: Ziel ist die Ansiedlung neuer Firmen in jedem Fall im Ruhrgebiet, „wir könnten davon zumindest wieder als guter Wohnstandort profitieren“, so Schnitzmeier. Und schließlich soll überprüft werden, ob sich Gewerbestandorte nicht optimaler ausnutzen lassen. Von der Politik bekommt die Wirtschaftsförderung dafür die nötige Unterstützung. Sorgen bereiten Anwohner. Schnitzmeier: „Ich wünschte mir mehr Verständnis und Akzeptanz gegenüber Unternehmen.“

Dies wird aus Sicht der Wirtschaftsförderung auch nötig sein, um Mülheim wieder verstärkt auf alte Pfade zu bringen: die Gründerstadt. „Mit der Hochschule und den beiden Max-Planck-Instituten bieten sich dazu hervorragende Möglichkeiten.“ Junge Leute in technischen Berufen sollten in Mülheim sehr gute Bedingungen vorfinden, um sich selbstständig zu machen. Schnitzmeier verspricht sich in den nächsten Jahren auch durch den Stiftungslehrstuhl „Gründer“ wertvolle Impulse. Junge Gründer sollten eines Tages die Möglichkeit haben, sich im direkten Umfeld der Hochschule niederzulassen. Für weitere Expansionen steht nach wie vor das ungenutzte Gelände am Flughafen zur Verfügung.

Auch wenn Mülheim im bundesweiten Städteranking im vorderen Drittel landet und im Ruhrgebiet als erfolgreichster Standort gilt, macht sich die Wirtschaftsförderung Sorgen: Die finanzielle Situation der meisten Ruhrgebietsstädte, die großen sozialen Probleme, der Abbau von Freizeiteinrichtungen sowie die steigende Gewerbesteuer führten zu einer echten Benachteiligung gegenüber der direkten Konkurrenz im weiteren Umfeld, vor allem Düsseldorf, aber auch schon gegenüber Ratingen. Die Finanzkrise der Städte, so sieht es Schnitzmeier, könnte eines Tages genau das bedrohen, womit man derzeit wirbt: eben Lebensqualität an der Ruhr.