Mülheim.

Nahezu jeder dritte Patient leidet im Krankenhaus nach einer Operation unter starken, wenn nicht gar extremen Schmerzen. Die Behandlung von Schmerzen nach einem operativen Eingriff, so Chefarzt Prof. Jörg Vettermann beim WAZ-Medizinforum im St. Marien-Hospital, sei leider immer noch eines der schwächsten Gebiete der Medizin. „Nur 45 Prozent der Kliniken verfügen über einen eigenen Schmerzdienst“, so Vettermann. Und längst nicht jede Klinik informiere vor der OP über diesen Dienst.

Dieser Schmerzdienst, dem in der Regel ein geschultes Pflegepersonal und Ärzte angehören, sei für den Heilungsprozess sehr wichtig. Wer unter großen Schmerzen leide, sei einer Reihe von gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. „Es ist ein Irrtum zu glauben“, so Vettermann, „dass das Aushalten von Schmerzen zu den zwangsläufigen Folgen einer Operation gehört.“

Forschungen über viele Jahren haben gezeigt, welche fatalen Folgen das Aushalten von Schmerzen hat: Der Blutdruck steigt, Herzrhythmusstörungen können auftreten, die Gefahr eines Herzinfarktes erhöht sich, ebenso das Risiko einer Infektion. Der Blutzucker steigt. Der Patient atmet unter Schmerzen nicht mehr richtig durch, wodurch die Gefahr einer Lungenentzündung steigt. Auch die psychische Belastung sei enorm, so Vettermann.

Das alles, sagt der Chefarzt für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, verlängere Leid und koste auch Geld. Mehrere Gründe führt Vettermann dafür an, dass die Schmerztherapie nur mangelhaft stattfinde: Es gibt nach wie vor bei Ärzten die Angst davor, Patienten durch Schmerzmittelgaben süchtig zu machen. Die Verordnung von Schmerzmitteln erfolge häufig zu spät, zu selten, zu wenig. Und: Schmerzbehandlung nach einer OP werde von den Krankenkassen nicht bezahlt.

Das Marien-Hospital verfügt über einen eigenen Schmerzdienst. Sehr erfolgreich setze man die Selbstinjektion von Schmerzmitteln mit Hilfe einer Pumpe ein. Dabei kann der Patient sich selbst je nach Bedarf das Schmerzmittel geben – das Risiko zu hoher Gaben sei ausgeschlossen. Gute Erfolge, betont der Chefarzt, habe man auch mit Blockaden von Nerven. Nach dem Stand der Medizin müsse kein Patient heute mehr nach einer OP leiden. Vettermann rät: Informieren Sie sich vor einem Eingriff darüber, welche Schmerzbehandlung man Ihnen nachher anbietet!