Ende des Jahres sollen 460 Beschäftigte der Stadtverwaltung zurück ins runderneuerte Rathaus. Sanierung und Miete des an die städtische Wohnbaugesellschaft SWB vergebenen historischen Gebäudes werden Mülheims Bürger im Laufe der kommenden 25 Jahre gut 77 Mio Euro kosten.

Dies errechnet sich aus den Zahlen, die die Stadt auf Drängen der WAZ doch bekannt gab. Zunächst hatte sie sich geweigert, die Gesamtkosten des Projektes inklusive Mietkosten zu beziffern, weil, so die damalige Begründung, „es sich bei den Angaben um ein Geschäftsgeheimnis handelt“. Die WAZ berief sich daraufhin auf die im Landespressegesetz verankerten Auskunftsrechte, um das mit öffentlichen Geldern von Stadt und Stadttochter betriebene Projekt in seiner finanziellen Dimension erfassen zu können.

Ein Denkmal zu halten, hat seinen Preis, so auch beim denkmalgeschützten Rathaus. Mindestens 77 Mio Euro sind es nun also, die letztlich die Bürger dafür zahlen, dass ein Teil ihrer Verwaltung für 25 Jahre untergebracht ist und das Rathaus als stadtprägende Bausubstanz erhalten bleibt. Projektentwickler, die sich mit dem Bau von Büroimmobilien einen Namen gemacht haben, finden kein kritisches Wort für die Art der Finanzierung, auch nicht für deren Volumen.

Auch SWB-Geschäftsführer Robert Kunz verneint entschieden, hört er die Frage, ob hier gezielt öffentliches Geld in einen Schattenhaushalt transferiert wird, um dort Projekte zu finanzieren, auf die in Zeiten des Nothaushaltes ansonsten womöglich die Bezirksregierung strenger schauen würde. „Wir haben natürlich versucht, ein Berechnungsmodell zu entwickeln, das es der Stadt ermöglicht, das Rathaus zu sehr günstigen Konditionen zu sanieren und zu modernisieren“, sagt er.

Die SWB finanziert den Umbau nach Aussage ihres Geschäftsführers komplett über Kredite, um nicht die Eigenkapitalquote zu schmälern und so Investitionsvorhaben im Kerngeschäft als Wohnungsgesellschaft zu belasten. Wer auf ähnliche Weise ein Einfamilienhaus auf Erbpacht-Grund finanziere, so rechnete Kunz der WAZ vor, müsste am Ende mit Kredit- und Erbbauzins, Tilgung und Instandhaltungspauschale mit einem Gesamtaufwand kalkulieren, der einiges mehr als doppelt so hoch liege wie die ursprüngliche Investition. Die Rathaus-Kalkulation bleibe deutlich unter jener Beispielrechnung – der Mietkalkulation zum 77 Mio Euro schweren Geschäft liegen Sanierungskosten von 40,5 Mio zugrunde.

Doch wird deutlich, dass der Erhalt des Rathauses kräftig kostet: Es ist eine Nettokaltmiete von 13,03 Euro/m2 einschließlich Erbbauzins von 14 Cent/m2 angesetzt, der an die Stadt zurückfließt. Laut Immobilienmarktbericht der Wirtschaftsförderung für 2010 liegt sie damit deutlich über dem Mietzins, der in mittlerer bis guter Lage Mülheims üblich ist – 7 bis 9,70 Euro.

Selbst wenn man eine Vergleichsmiete von 9,70 Euro zugrundelegt, sind es 19,8 Mio Euro, die die Stadt in 25 Jahren dafür ausgibt, um 460 Mitarbeiter im Rathaus unterzubringen – und nicht in Büroräumen, die auf dem freien Markt angeboten werden. Anders gesagt und gerechnet: Der Erhalt des Rathauses kostet die Bürger jeden Monat knapp 66 000 Euro. Die Alternative ist unattraktiv: der weitere Verfall des an exponierter Stelle stehenden Rathauses.

„Wir verdienen uns keine goldene Nase dran“, so Kunz. Die Miete sei eine Kostenmiete, die den Vorgaben im öffentlich geförderten Wohnungsbau folge. Sie decke die laufenden Aufwendungen. Natürlich müsse die SWB als GmbH bei einem solchen Projekt auch eine Rendite ansetzen, sonst bekomme man schnell Ärger mit dem Finanzamt; Stichwort: verdeckte Gewinnausschüttung. So habe man eine Mindestrendite angesetzt - Gutachter-Urteil: „angemessen im Steuerrechtssinne“.