Einserkandidaten finden schnell eine Stelle. „Doch die mit dem schlechten Zeugnis bekommen häufig keine Chance“, weiß Thomas Goy, der den Malerbetrieb Stein & Sohn betreibt. Genau diesen benachteiligten Jugendlichen möchte er Chancen geben. Nun bekam er für sein vorbildliches Engagement den Mülheimer Ausbilderpokal in der Stadthalle verliehen.
Es ist das erste Mal, dass die Stadt Betriebe würdigt, die benachteiligten Jugendlichen eine Chance auf eine Ausbildung geben. Um dem Fachkräftemangel vorzubeugen sei es wichtig, für jeden Jugendlichen den passenden Ausbildungsplatz zu finden, meinte Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, die den Pokal an drei Betriebe überreichte. Es geht um Schulabbrecher, Jugendliche mit Migrationshintergrund oder junge Frauen, die bereits ein Kind haben.
Auf der Veranstaltung, bei der Lehrer, Ausbilder und Vermittler zu Gast waren, konnte die Stadt positive Ergebnisse verkünden: 32 Prozent der Mülheimer Hauptschüler gingen 2010/11 nach dem Abschluss eine duale Ausbildung. Im Schuljahr 2006/07 waren es noch 16 Prozent. Über diese Verdoppelung freut sich vor allem Brita Russack, Leiterin der Mülheimer Initiative U 25, die zum Sozialamt gehört und eine eigene Filiale im U25-Haus in der Viktoriastraße betreibt. Von dort aus akquirieren die Mitarbeiter Ausbildungsplätze, vermitteln zwischen Jugendlichen und den Betrieben. „Wir sprechen mit Ausbildern, klären, was sie von Bewerbern erwarten und bereiten die Jugendlichen auf die Anforderungen vor“, erklärt Brita Russack. „Seit 2009 haben wir fast 200 Jugendliche in Ausbildungsplätze vermittelt.“ So ist das U25-Haus auch Anlaufstelle für schwere Fälle, Jugendliche, die Ausbildungen abgebrochen haben oder keinen Schulabschluss vorweisen können – 1000 Fälle landen jährlich im U25-Haus. Dabei werben die Mitarbeiter in den Betrieben auch darum, überhaupt auszubilden.
Vertrauen ist wichtig
Für Thomas Goy war das nie eine Frage. Als er 2003 den Traditionsbetrieb übernahm, hatte dieser bereits 50 Jahre lang Lehrlinge ausgebildet. „Seitdem nehme ich jedes Jahr einen Azubi auf.“ Dieses Jahr hat er zum ersten Mal mit U 25 zusammen gearbeitet. „Das hat gut geklappt.“ Schließlich könnten auch die „Problem-Jungs“ im Betrieb anpacken, kleine Verfehlungen in der Vergangenheit sagten nichts über die Arbeitskraft aus. Wichtig sei nur: „Dass man dem Auszubildenden vertrauen kann.“
Lehrling Junior Godspower arbeitet gerne für Thomas Goy. Seit zwei Jahren lernt er im Malerbetrieb, zuvor hat er dort ein Praktikum absolviert. „Davor hatte ich bereits einmal eine Ausbildung abgebrochen. Daher bin ich froh, eine zweite Chance bekommen zu haben“, sagt der 19-Jährige.
Über bessere Möglichkeiten Jugendliche in den Beruf zu bringen ging es bei der Podiumsdiskussion. Für eine frühere Vernetzung zwischen Wirtschaft und Schule plädierten die einen, die anderen forderten eine bessere Vorbereitung auf Betriebspraktika in den Schulen. Daniela Kylian aus dem Ausbildungszentrum der Deutschen Bahn riet Jugendlichen, ihren Fokus nicht zu sehr aufs Abitur zu legen, sondern auf eine mittlere Qualifikation. „Was nützt mir Abitur, wenn ich in einen technischen Beruf möchte?“ Heinz Lison, Vorstand der Unternehmerverbandsgruppe, appellierte an die Eltern: „Alle Institutionen ersetzen nicht das Elternhaus. Eltern sollten sich intensiver um die Bildung der Kinder bemühen.“
Info: Neben dem Mülheimer Malerbetrieb wurden auch die Star Tankstelle Steffens aus Oberhausen und ein Hellwig Baumarkt aus Essen mit dem Ausbilderpokal ausgezeichnet. Weitere Informationen zum U25-Zentrum gibt es bei Brita Russack: 455 29 30 und im Internet: www.muelheim-ruhr.de.