Mülheim. .
Was Jugendliche heute unter Musik in Handarbeit kennen, sind DJs, die Vinyl-Scheiben drehen, oder elektronische Mixturen. Auf die Spur des guten alten Jazz, der auch modern daherkommt, will Manfred Mons die jungen Leute bringen.
1000 Schüler aus acht Gymnasien und Gesamtschulen hat der Jazzclub am 26. September zu einem pädagogischen Konzert in die Stadthalle eingeladen. Dafür konnte die renommierte „Dutch Swing College Band“ aus Den Haag gewonnen werden.
Stirbt die Jazz-Musik aus?
Manfred Mons: Nein, das sehe ich nicht so. International ist es so, dass in Jazz-Clubs oder zu Veranstaltungen überwiegend junge Leute gehen. Nur in Deutschland fehlen zwei Generationen. Ich bin noch einer der Jüngsten der Jazz-Generation, die nach dem Krieg entstanden ist.
Während der Nazi-Diktatur war „Entartete Musik“ mit ausländischen Einflüssen verboten. War die Nachkriegszeit auch ein musikalischer Aufbruch?
Mons: Das war damals revolutionär. Und es war so, dass alle Jugendlichen, die vom Jazz begeistert waren, von ihren Eltern zu hören bekamen: Diese „Negermusik“ kommt uns nicht ins Haus. Diese Sprüche, die alle noch aus der Nazi-Zeit stammten, haben uns aber nicht interessiert, wir sind zu den Konzerten hingegangen. Ich bin vom Jazz infiziert worden – und zwar von der Dutch Swing College Band, von Chris Barber und den Stars, die in den 1950ern und 60ern aus Amerika rüberkamen und u.a. in der Stadthalle spielten.
Mülheim hatte immer eine starke Jazz-Kultur.
Mons: Mitte der 1950er Jahre ging es richtig los in Mülheim. 1953 durch „Woodhouse“, die dann schnell den Durchbruch hatten. Das ist heute unvorstellbar: Zu Konzerten im Altenhof kamen 900 Schüler.
In den 1950er Jahren gab es die „Dutch Swing College Band“ schon?
Mons: Ja, es waren Studenten aus Den Haag, die sich am 5. Mai 1945, als die Deutschen aus den Niederlanden rausflogen, sofort gegründet haben. In den Jahren davor hatten sie im Untergrund gespielt, weil auf diese Musik ja die Todesstrafe stand.
Ist es für Sie eine besondere Ehre, wenn die Idole ihrer Jugendzeit bei dem Schüler-Projekt mitmachen?
Mons: Ja, das kann man wohl sagen. Wir haben beste Kontakte zu dieser Gruppe. Die Chemie stimmte von Anfang an. Wir haben sie in unseren kleinen Jazz-Club eingeladen. Daraufhin bekamen wir einen Bühnenplan. Da hab’ ich angerufen: Passt mal auf – zwischen Posaune und Trompeter 2,50 Meter geht nicht. Da ist schon die Wand. Ihr müsst euch vorher duschen, denn ihr werdet euch riechen, so nah steht ihr beieinander. Vor eineinhalb Jahren haben sie bei uns gespielt – ein Weltklassekonzert.
Das wurde voriges Jahr wiederholt. Dabei entstand die Idee für das Schülerkonzert?
Mons: Ja, ich hatte zwei junge HipHop-Musiker eingeladen. Nachdem die „Dutch Swing College Band“ die ersten Stücke gespielt hatte, habe ich die jungen Leute gefragt: Ist das etwas für euch? Super, haben die gesagt, so etwas haben wir noch nie gehört. In der Pause bin ich zum Manager und Bassisten gegangen, und habe mit ihm gesprochen: Guck dich mal um, wie alt alle hier sind. In zehn Jahren sind 90 Prozent von denen, die hier sitzen, tot. Sollen wir nicht mal ein Konzert in der Stadthalle machen – nur für Schüler? Da sagt er: Super Idee, mach das klar, wir ziehen mit!
Ziehen die Schulen mit?
Mons: Alle acht Schulleiter haben sofort mitgezogen. Besonders die Musiklehrer waren begeistert und sagten: Jetzt fällt endlich mal was für uns ab.
Sind die Schüler-Bands eingebunden?
Mons: Ja. Wir lassen die Schul-Bands im Vorprogramm im Foyer der Stadthalle auftreten. An fünf Stellen spielen Bands, darunter auch eine Rock- und eine Percussion-Gruppe.
Was erhoffen Sie sich von dem Konzert?
Mons: Ich rechne damit, dass ein Teil der Schülern, die ein Instrument spielen, vom Jazz infiziert werden. Die wollen wir dann im Jazz-Club fördern und gucken, ob wir eine zweite oder dritte Schüler-Jazzband gründen. Eine haben wir bereits. Das Konzert soll für die Kinder eine Initialzündung werden. Ich bin sicher, das funktioniert und haut hin, der Funke wird überspringen.