Mülheim. .

Die CDU fand schon in der Debatte im Planungsausschuss deutliche Worte, ihre planungspolitische Sprecherin Ursula Schröder sprach von „kalter Enteignung“ eines Mülheimer Ehepaares.

Das hätte gern eine grüne Obstwiese am Ortseingang von Menden bebaut und steht nun nach einem Beschluss des Ausschusses mit leeren Händen da. So verspiele eine Stadt jegliches Vertrauen von potenziellen Bauherren, schimpft Fraktionschef Wolfgang Michels. Den Schuldigen hat die CDU schnell ausgemacht: die zuständige Umwelt- und Baudezernentin Helga Sander.

Sie hatte den Ausstieg aus dem Bebauungsverfahren vorgeschlagen, nachdem klar wurde, dass die Wertigkeit der Ökologie an der Stelle deutlich höher einzustufen sei als das Bauinteresse Einzelner. Eine politische Mehrheit folgte dem, gegen die Stimmen von CDU und FDP. Jene Obstwiese war über Jahrzehnte im Flächennutzungsplan als Bauerwartungsland ausgewiesen. „Mit dieser Entscheidung hat insbesondere die Dezernentin neuen Rechtsunfrieden geschaffen, klagt Michels. Die Union sieht einen Dammbruch im Vertrauen auf verlässliches und berechenbares Verhalten zwischen potenziellen Bauprojekt-Betreibern und Verwaltung gegeben. „Es droht die fatale Entwicklung, dass Investoren zukünftig einen Bogen um Mülheim machen – wenn sie nicht einen bestimmten Namen haben.“

Sehr wertvoll

Die Dezernentin sieht es anders: „Erst im Laufe des Verfahrens und nach genauer Begutachtung des Gebietes sei klar geworden, wie wertvoll es ökologisch sei, so Helga Sander. „Wir haben es zu Beginn aber auch als Wohngebiet sehr wertvoll eingestuft.“ So ein Verfahren diene schließlich dazu, Klarheit zu verschaffen. Die habe es auch gegeben. „Wir als Bauverwaltung haben uns intensiv in diesen Prozess eingebracht und unsere Entscheidung gegen eine Bebauung so früh wie möglich bekannt gemacht.“

Dass die CDU derart heftig reagiert, hat auch mit der politischen Entscheidung zu tun, im Zuge der Sparmaßnahmen die Zahl der Dezernate von fünf auf vier zu reduzieren. Bereits im Herbst muss sich die Politik positionieren, ob sie Helga Sander (Grüne), deren Amtszeit im Frühjahr endet, um weitere acht Jahre verlängern will. 16 Jahre macht sie bereits in Mülheim den Job der Bau- und Planungsdezernentin.

Mehrheit noch nicht sicher

Eine Mehrheit für sie ist noch nicht sicher. Zumal nun auch der Fraktionschef der SPD, Dieter Wiechering, Unzufriedenheit äußert, auch im Zusammenhang eben mit jener Entscheidung in Menden, die stadtweite Auswirkungen haben könnte. „Ich will nicht so weit gehen und von kalter Enteignung sprechen, aber das Verfahren hätte anders laufen müssen.“ Wiechering betont, dass er bei der Einleitung des Bebauungsplan-Verfahrens der Verwaltung vertraut habe. Heute fragt er sich, ob sie diesen Schritt überhaupt hätte machen dürfen und ob man an einer so sensiblen Stelle gleich mit 23 Häusern als Zielvorgabe hätte starten dürfen. Wiechering meint nein, man hätte mit einer deutlich abgespeckten Variante in die Offenlage gehen sollen. Das hätte mehr Chancen gehabt. Mehr Fingerspitzengefühl hätte er dabei von der Dezernentin erwartet, mit der er über all die Jahre gut arbeiten konnte, wie er sagt.

Auch Wiechering sieht derzeit den Vertrauensschutz von Investoren oder Grundstückseigentümer zumindest beschädigt und er sorgt sich darum, dass, egal wo, ob bei einer Verdichtung von Wohngebieten oder bei freien Flächen, der Druck aus der Bürgerschaft gegen eine Bebauung fast immer vorhanden ist. „Auf Dauer können wir uns das in Mülheim nicht leisten.“