Mülheim. . Der weitere Ausbau des Internethandels soll sich am Tengelmann-Firmenstandort Mülheim als kleiner Jobmotor mit durchaus beachtlicher Drehzahl erweisen. Das stellte Firmeninhaber Karl-­Erivan W. Haub bei der Bilanzpressekonferenz in Aussicht.

Insgesamt zog er trotz der notwendig gewordenen Abschreibungen durch die Insolvenz der amerikanischen Tochter A&P zufrieden Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr. Der Konzernumsatz stieg um 4,1 % auf 10,52 Mrd. Euro.

Erst gestern früh war die Tinte des Notars auf dem Papier getrocknet, das den Einstieg der Mülheimer Unternehmensgruppe in ein weiteres Geschäft des Internethandels (E-Commerce) beglaubigt. Das Handelshaus übernahm 30 % an „Coffee Circle“, einem Online-Anbieter für Premiumkaffee, der gleichsam Aufbauhilfe im Anbauland Äthiopien leistet. 13 Beteiligungen im E-Commerce-Bereich zählt Tengelmann nun. Den Start für die Geschäfte an virtuellen Marktplätzen hatte die Unternehmensgruppe vor zehn Jahren mit dem Online-Shop von Plus gemacht. Mittlerweile hat dieser 71 000 Artikel im Sortiment und fährt laut Haub branchenübliche Umsatzzuwächse im zweistelligen Prozentbereich ein.

„Deutlich aufbauen“

Ergänzt wurde das Engagement peu à peu durch Investitionen in junge Internet-Gründungen. Im Portfolio sind auch Otto Gourmet, ein Anbieter für Fleischspezialitäten, oder der Schuh- und Modeshop Zalando. Die 13 Beteiligungen seien längst nicht das Ende der Fahnenstange, so Haub. Im Segment E-Commerce seien an der Wissollstraße schon jetzt an die 100 Mitarbeiter beschäftigt, „hier werden wir noch deutlich aufbauen“, sagte der persönlich haftende Gesellschafter an die Adresse des anwesenden Mülheimer Chef-Wirtschaftsförderers Jürgen Schnitzmeier. Mülheim sei zwar keine Hausnummer wie Hamburg oder Berlin, doch Tengelmann werde hier am Standort „ein kleines, aber feines Zentrum des E-Commerce“ etablieren.

20 Beteiligungen am Internethandel

Kein Muss, aber doch Ziel ist es, bis zum Ende dieses Jahres 20 Beteiligungen am Internethandel zu platzieren. ­E-Commerce sei „ein Megatrend“, so Haub, der gleichwohl bestätigen musste, dass der eigene Internethandel zurzeit noch keinen Gewinn abwirft. E-Commerce sei keine Bedrohung für ein traditionsreiches Handelsunternehmen, das bis dato auf klassische Vertriebswege gesetzt habe, sondern eine Chance. Eine Chance, die es zu ergreifen gelte – auch im Sinne der Zukunftsfähigkeit des 1867 in Mülheim gegründeten, weiter in Familienbesitz befindlichen Unternehmens. „Ich will mir nicht von meinen oder den Kindern meines Bruders irgendwann sagen lassen müssen, die Entwicklung verpasst zu haben“, steht Haub entschlossen zur Wachstumsstrategie. In zehn, 15 Jahren werde jedes Geschäftsfeld des Hauses „einen E-Commerce-Arm haben“.

Dabei wird helfen, dass die Tengelmann-Gruppe für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Ebitda-Wert (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen) von 410 Mio Euro ausweisen konnte. Die hieraus abzuleitende Leistungsfähigkeit im operativen Geschäft war laut Haub seit zwölf Jahren nicht so gut ausgeprägt. Auch die vor zehn Jahren noch äußerst bescheidene Eigenkapitalquote konnte wiederum von 33,4 auf nahezu 37 % erhöht werden. Das stützt die Investitionsabsichten.