Mülheim.. Es blinkt, glitzert und duftet – beim Besuch auf der Kirmes steht das Erleben der Sinne im Vordergrund. Doch hinter den Attraktionen steckt, wovon die meisten Besucher kaum etwas bemerken: ein Geschäft.

Harte Arbeit, Innovationen, Marketing sind fester Bestandteil im Kirmesgeschäft. Betrieben wird es von Schaustellern, die mit Zuckerwatte, Entenangeln oder Dosenschießen ihren Lebensunterhalt verdienen - und das Unternehmen Kirmes in Zeiten schwindender Besucherzahlen immer wieder neu erfinden müssen.

„An der Größe einer Kirmes lässt sich nicht sagen, ob sie viel Geld abwirft“, erklärt Arno Heitmann. Um das Motto „Höher, schneller, weiter“ gehe es gar nicht mehr. „Was heute zählt, ist ein gutes Konzept.“ Arno Heitmann ist Schausteller und steht mit seinem „Disco Jet“ auf dem Saarner Kirmesplatz zwischen Brezelbude und Geisterbahn. Seit 30 Jahren bespielt Familie Heitmann, die eigentlich aus Münster stammt, die Mülheimer Kirmes.

Blinklichter im Energiespar-Modus

Rund 32 Jahre hat der Disco Jet auf dem Buckel, 20 Waggons à drei Plätzen – und er brettert immer noch mit derselben Geschwindigkeit daher. Kein Wunder, schließlich investiert Heitmann regelmäßig in die Modernisierung des Disco Jets, seit er ihn vor sechs Jahren von seinem Vater übernommen hat. Der Sohn brachte die Technik auf den neuesten Stand, stellte die Lichter auf Energiesparmodelle um und gab der Raupe einen neuen Anstrich.

Gemeinsam mit Ehefrau Nicole und den Kindern Kim (5) und Arno Junior (15 Wochen) lebt er im großzügigen Wohnwagen hinter dem Geschäft. Hier schlafen die Kleinen am besten, wenn die Waggons rollen, die Musik aufgedreht ist, das Geschäft brummt. Ob sich ein Rummel rentiert, hänge von vielen Faktoren ab, sagt Heitmann. „Das Wetter muss stimmen, der Standort, viel hängt auch davon ab, welche Veranstaltungen in der Nähe stattfinden.“ Denn die Konkurrenz wird immer größer. „Es ist mittlerweile kein Highlight mehr wie früher, auf die Kirmes zu gehen.“

Der Wettbewerb wird immer größer: Zu viele Freizeitparks, Stadtfeste, Open-Air-Veranstaltungen. „Daher ist es nötig, sein Konzept immer wieder zu überarbeiten“, so der Familienvater. „Trends erkennen und für sich nutzen.“ Sonst wird das Unternehmen Kirmes schnell zum Minusgeschäft. So setzte sein Vater in den Anfängen auf das Draufgänger-Image, spielte Rock’n’Roll-Hits – zugeschnitten auf ein junges Publikum. „Ich habe alles umgestellt und setze heute auf Familienfreundlichkeit.“ Dazu gehört eine weniger schrille Musik und natürlich bunte Farben. Seitdem laufe das Geschäft immer besser.

Kirmes kostet

Auch wenn er heute mit denselben Problemen wie seine Eltern damals zu kämpfen habe: „Vor allem mit hohen Kosten und darum, gutes Personal zu bekommen“, sagt Heitmann. „Allein die Standmiete kostet hier in Mülheim 2200 Euro für neun Tage.“ Hinzu kommt Geld für Transport, Werbung, Stromgebühren, Versicherungen. „Wir sind in der höchsten Gefahrenklasse.“ Auch ein Elektriker vor Ort, der die Anschlüsse legt, muss bezahlt werden, genau wie die vier Saisonarbeiter, die Heitmann im Kerngeschäft von März bis Dezember helfen, das etwa 800 000 Euro teure Gerät auf- und abzubauen, zu warten, zu transportieren. „Diese Kosten schlagen sich natürlich auf den Fahrpreis nieder.“ Eine Fahrt auf dem Disco Jet kostet 2,50 Euro. Wie viel Gewinn davon übrig bleibt, ließe sich schwer bestimmen. „Das ist eine Mischkalkulation.“ Wichtig sei ihm, Angebote für Kinder und Familien zu bieten. „Schließlich investiere ich damit in die Zukunft der Kirmes im Allgemeinen.“ Denn: „Kinder, die heute mit ihren Eltern auf den Rummel gehen, werden das später mit ihrem Nachwuchs genauso tun.“