Mülheim.

Der Verlag an der Ruhr wird 30 Jahre alt. Das Unternehmen der Kreativ-Wirtschaft hat sich auf die Nische von pädagogischen Publikationen spezialisiert.

Lesen, Schreiben und Rechnen lernen ist zwar okay“, sagt Dorothea Kieler, „aber wenn ich an der Haltestelle jemanden sehe, der verprügelt wird, dann bringt mich das nicht weiter“, meint die Geschäftsführerin. Und so habe sich der „Verlag an der Ruhr“ auf die Fahnen geschrieben, „dass wir eine klare gesellschaftliche Position haben“. Zu versuchen, Jugendliche zur Demokratiefähigkeit und Mündigkeit zu erziehen, damit sie selbstbewusst ihre Rolle in der Gesellschaft ausfüllen.

So hat der Verlag auch Bücher und Jugendromane zu aktuellen Themen wie Zivilcourage, Cyber-Mobbing, Amoklauf oder Terrorismus ins Programm genommen. Alles mit kurzen, prägnanten Sätzen und in leichter Sprache gehalten, damit Jugendliche dran bleiben. Wie auch die Autobiografie der DSDS-Gewinnerin Elisabeth „Elli“. „Casting Shows sind ein gutes Thema im Unterricht“, sagt Kieler, „denn das ist ja die Realität von Jugendlichen, die kann man einfach nicht negieren“. Und wenn das Buch vom großen und kleinen Nein über Missbrauchsprävention ein Klassiker im Programm ist, dann lässt dies eine bedrückende Sicht auf die Gesellschaft zu.

Alles, was Schulbücher nicht abdecken

Um mit einem weit verbreiteten Vorurteil aufzuräumen: Der Verlag an der Ruhr „ist kein klassischer Schulbuchverlag“, betont Kieler. Das Unternehmen der Kreativ-Wirtschaft hat sich auf die Nische von pädagogischen Publikationen und zusätzliche Arbeitsmaterialien für Lehrer spezialisiert, „alles, was Schulbücher nicht abdecken“. Da müsse man schon viel Hirn verwenden, um Lehrer zu überzeugen, diese Produkte zu kaufen.

Die Angebote für naturwissenschaftliche Fächer seien eher weniger, „stark sind wir im Bereich soziales Lernen“, sagt Kieler. Die Lese- und Sprachförderung sei ein großes Thema, aber auch gesunde Ernährung und Sexualerziehung.

Im Sommer werden es 30 Jahre, dass sich das Mülheimer Unternehmen am zunehmend hart umkämpften Bildungsmarkt behauptet. Doch „das Geschäft mit der Nische ist begrenzt“, sagt Kieler. „Es gibt viele Konkurrenz-Verlage in der Bildungslandschaft.“ Der Markt sei gesättigt. Aber von der Strategie, Konkurrenten vom Markt zu verdrängen, hält sie nicht viel: „Wir haben noch nie zum Kampf geblasen.“ Die „Selbermacher“, also Pädagogen, die eigenes Unterrichtsmaterial ins Internet stellen sowie Plattformen „sind ernst zu nehmende Konkurrenten“. Aber es ginge ja schließlich auch um die Zeit, das Internet nach passgenauen Materialien zu durchsuchen.

Rund 120 Neuerscheinungen pro Jahr

„Der erste Hype hat sich schon wieder beruhigt, und die Lehrer kommen zu uns zurück.“ Schließlich habe man sich eine treue Kundschaft erarbeitet. Der Verlag an der Ruhr ist bekannt in der pädagogischen Szene. „Wir sind der Lehrer-Klientel ein Begriff.“ Deutschlandweit, aber auch in der Schweiz, Österreich und teils im europäischen Ausland sei man vertreten. Rund 120 Novitäten erscheinen jährlich, so die Geschäftsführerin. Über 600 Titel von hunderten Autoren sind lieferbar.

Mit Kopiervorlagen, Pappheftern und Projektbüchern hat alles vor 30 Jahren angefangen. Das Ehepaar Stascheit gründete den Verlag, veräußerte ihn 2004 an die Franz Cornelsen Bildungsgruppe mit Sitz in Berlin. Rund 35 konstante Mitarbeiter zählt der Verlag in Mülheim. Von der Alexanderstraße in Heißen zog er Anfang des Jahres an die Wilhelmstraße. Näher an die Ruhr – wie es der Firmenname stolz in sich trägt.