Mülheim..

Kai Glenski ist froh, dass er sich nun jeden Tag schmutzig machen darf. Er klettert unter Motorhauben, schraubt und werkelt an Autos – genau wie seine Kollegen. Kai macht einen normalen Job, wäre da nicht ein kleiner Unterschied: Der 22-Jährige ist schwerhörig und gilt damit als schwerbehindert. Seine Chefs, Rina und Claudio Paolantonio, wollten ihm eine Chance in ihrem Kfz-Betrieb geben und stellten den Karosseriebauer ein. Leider ist das nicht selbstverständlich: Aktuell suchen 231 Schwerbehinderte in Mülheim Arbeit – viele von ihnen ohne Erfolg.

Wir wollen anderen Arbeitgebern Mut machen, Schwerbehinderten eine Chance zu geben“, sagt Claudio Paolantonio, der an der Mellinghofer Straße seinen Car-Full-Service betreibt. „Viele scheuen sich, haben Angst und auch Vorurteile“, wissen Anett Schwoy und Sabine Ostermann, die sich als Arbeitsvermittlerinnen bei der Agentur für Arbeit speziell um die Vermittlung von Menschen mit Behinderung kümmern. „Wir sprechen immer wieder mit Arbeitgebern und versuchen, Vorurteile abzubauen.“

Vorurteile erschweren den Arbeitsalltag

Vor allem eines verursache Arbeitgebern Kopfschmerzen: „Diese Vorurteile: Dass Behinderte schlechter gekündigt werden können, dass sie Anspruch auf mehr Urlaubstage haben und öfter krank geschrieben sind“, weiß Claudio Paolantonio. Und fügt hinzu: „Die meisten Kollegen trauen sich nicht, weil sie nur an Leistung und Umsätze denken und meinen, dass Behinderte dies nicht bringen können“, berichtet Paolantonio aus Erfahrung. „Da muss erst ein Umdenken in der Mentalität stattfinden.“

Kai Glenski beweist das Gegenteil: Mittlerweile werkelt er seit einigen Wochen in der Werkstatt der Paolantonios. Und hat sich gut eingearbeitet. „Er hat einen wachen Verstand“, findet sein Chef. „Auch wenn er eher ein Einzelkämpfer ist, ich bin mit ihm zufrieden.“ Dabei hatte Kai die Hoffnung, jemals einen Job zu finden, schon fast aufgegeben. Als er im Januar mit seiner Ausbildung fertig war und nicht übernommen wurde, musste er sich zunächst beim Arbeitsamt melden. Viele seiner ebenfalls schwerhörigen Freunde haben keinen Job gefunden, sind demotiviert. „Glücklicherweise haben wir die Paolantonios gefunden und konnten ihn dann schnell vermitteln“, sagen Anett Schwoy und Sabine Ostermann. Vier Monate später hatte er ein Vorstellungsgespräch.“ Das geht nicht immer so zügig.

Das Ehepaar Paolantonio findet das ungerecht: Schließlich profitiere auch das Team, dass Kai nun in seiner Mitte arbeite, die Kollegen gewinnen an Sozialkompetenz. „Auch wenn man mal schreien muss, bis er hört, bringt er doch Ruhe in den Betrieb“, meint der Firmenchef und fügt hinzu: „Kai ist ein Gewinn für unseren Betrieb.“

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