Mülheim. . Die Gewerkschaft Verdi weitet ihren Vorwurf sittenwidriger Entlohnung bei der in Speldorf firmierenden Getränkemarkt-Gruppe “Trink & Spare“ aus.

Nach den Medienberichten über die Strafanzeige in einem Fall haben sich laut Verdi allein in Mülheim vier weitere Arbeitnehmer gemeldet, die weit unter Tarif entlohnt worden sein sollen.

Die Gewerkschaft hatte Ende vergangener Woche den Fall einer Mitarbeiterin von „Trink & Spare“ öffentlich gemacht, bei dem sie sittenwidrigen Lohnwucher festgestellt hat. Besagte Beschäftigte soll für 80 Stunden Arbeit im Monat lediglich 400 Euro bekommen haben, Stundenlohn: gerade einmal 5 Euro. Der entsprechende NRW-Tarif von 10,55 Euro pro Stunde wäre damit weit unterschritten. Verdi stellte Strafanzeige wegen sittenwidrigen Lohnwuchers und gab dem Arbeitgeber vier Wochen Zeit, 13.700 Euro Lohn nachzuzahlen. Tut er es nicht, landet der Fall beim Arbeitsgericht.

"Trink & Spare" kein Einzelfall laut Verdi

Verdi geht davon aus, dass es sich beim Speldorfer Unternehmen nicht um einen Einzelfall handelt. Vier weitere Beschäftigte hätten sich allein in Mülheim gemeldet, so Verdi-Sekretär Günter Wolf. Auch in diesen Fällen sei dem Arbeitgeber Lohnwucher vorzuwerfen. „Die Betroffenen werden nun Verdi-Mitglieder und wollen ihre Ansprüche geltend machen“, freut sich Wolf , „dass die Menschen nun den Mut fassen“. Ein Ex-Beschäftigter sprach gar von Stundenlöhnen von 4,50 bis 4,80 Euro für Mitarbeiter, die nicht an der Kasse eingesetzt sind, sondern nur beim Leergut und Abpacken. Selbst in der Marktleitung unterschreite der Stundenlohn den NRW-Tarif für Verkäufer/Kassierer.

Rund 1000 Mitarbeiter zählt „Trink & Spare“ in seinen über 100 Märkten, die hauptsächlich im westlichen Ruhrgebiet angesiedelt sind. Rund die Hälfte werden im Franchise-System von Partnern betrieben. „Da steckt System dahinter“, glaubt Verdi-Mann Wolf, dass der Casus „Trink & Spare“ ähnliche Dimensionen annehmen könnte wie seinerzeit die Auseinandersetzung um Lohnwucher mit dem Textildiscounter Kik.

Öffentlicher Druck als Schutz

Jedenfalls hat Wolf noch gestern seine Kollegen in anderen Verdi-Bezirken mit Standorten von „Trink & Spare“ über die Sachlage informiert und in Alarmbereitschaft versetzt. „Da wird noch eine Reihe von Fällen auf den Arbeitgeber zukommen“, so Wolfs Einschätzung. Der öffentliche Druck könne dabei einen gewissen Schutz für klagewillige Beschäftigte bieten.

Peter A. Brochhagen, einer der beiden Geschäftsführer von „Trink & Spare“, wollte gestern weder eine Stellung zu den Vorwürfen nehmen noch bestätigen, dass Stundenlöhne von 4,50 bis 5 Euro gezahlt werden. Die Stichhaltigkeit der Vorwürfe werde man zunächst hausintern prüfen.