Mülheim. .

In einer Zeit, in der viele die Kirchen verlassen, lässt sich eine 29jährige Naturwissenschaftlerin aus Mülheim taufen.

Beim Stichwort Taufe denkt man an ein kleines Kind. Aber Jennifer Hardes, die sich am Sonntag taufen lassen wird, ist mit ihren 29 Jahren schon das, was man groß und erwachsen nennt. Doch nicht nur mit Blick auf ihre Alter ist ihr bevorstehender Schritt ungewöhnlich. In einer Zeit, in der viele Menschen die christlichen Kirchen verlassen, fällt eine ungetaufte Frau aus dem Rahmen, die sich gewissermaßen spätberufen dazu entschlossen hat, mit ihrer Taufe, Kommunion und Firmung in die katholische Kirche einzutreten. Warum macht sie das?

Die umweltschutztechnische Assistentin berichtet von einer Taufe, zu der sie eingeladen war: und bei der wir alle um das Taufbecken herum stehen durften. Die Symbolik in der Liturgie des Gottesdienste, so erinnert sie sich, habe ihr gut gefallen und sie sei erstaunt gewesen: wie locker die katholischen Priester den Gottesdienst gefeiert hätten.

"Es gibt einem Halt"

Später kam ein zweites Schlüsselerlebnis, der Tod eines katholischen Kollegen, hinzu. Schon während des Trauergottesdienst habe ich gespürt, dass der Glauben mir etwas gibt, an dem man sich im Leben festhalten kann und das einem hilft, besser mit Verlusten umgehen zu können, sagt die an der Universität Dortmund arbeitende Naturwissenschaftlerin. Diese Erfahrung motivierte die in der Stadtmitte lebende Mülheimerin dazu, sich zusammen mit sieben anderen erwachsenen Taufkandidaten in einem Glaubenskurs auf ihren Kircheneintritt vorzubereiten. Das ist ihr wichtig, um zu wissen, worauf sie sich einlässt und was man als Christ glaubt. Schon jetzt spürt sie: Es gibt einem Halt und Zuversicht, wenn man zu einer großen Gemeinschaft gehört, in der man seinen Glauben teilen kann.

Aber warum will sich die bisher ungetaufte Tochter evangelischer Eltern katholisch werden, während allein im letzten Jahr 431 Mülheimer die katholische Kirche verlassen haben?

Faszination alter Kirchen

Hardes erzählt von einem katholischen Priester, den sie als Religionslehrer an ihrem Berufskolleg kennen gelernt hatte. Er hat mich sehr beeindruckt, weil er die Nächstenliebe auch gelebt und einen Teil seines Pfarrhauses Obdachlosen zur Verfügung gestellt hat. Außerdem entdeckte sie im Heimatland ihres Partners, in Italien, die Faszination alter Kirchen. Es hat mich beeindruckt, mit wie viel Sorgfalt und Liebe zum Detail Kirchen erbaut worden sind, so dass ich selbst zu dem Schluss kam, dass da was dran sein muss, schildert sie ihre Inspiration durch die gebauten Glaubenszeugnisse.

Auf der anderen Seite lässt die angehende Katholikin keinen Zweifel daran, dass sie einiges für reformbedürftig hält: „Mir gefällt nicht alles.“ An den Pflichtzölibat für Priester denkt sie dabei ebenso wie an die restriktive Haltung zur Homosexualität oder die in ihren Augen wünschenswerte Zulassung von Frauen zum Priesteramt.

Einen Widerspruch zwischen ihrem Beruf und ihrem Glauben sieht die Naturwissenschaftlerin nicht: „Die Evolution sehe ich auch so. Aber wenn man sich die Natur anguckt, in der alles perfekt aufeinander abgestimmt ist, dann sehe ich darin schon etwas Göttliches. Trotz Urknall und Evolution muss alles irgendwo initiiert worden sein. Und deshalb sehe ich den Ursprung unserer Welt in Gott begründet“, macht die 29-Jährige deutlich, warum Glauben und Naturwissenschaften für sie zusammenpassen.