Manche Menschen ziehen sich im Alter zurück oder werden zurück gelassen – bis es gar nicht mehr geht, so alleine. Eine größere Gruppe von Mülheimern macht sich gerade auf den anderen Weg: unter ein gemeinsames Dach.

Etwa 30 sind sie derzeit: sechs Ehepaare, ansonsten alleinstehende Frauen, viele verwitwet. Früher oder später wollen sie zusammen wohnen: „Am liebsten im Dorf Saarn”, sagt Annelie aus der Wiesche, „man muss ja träumen.”

Anfangs träumten sie zu viert, vom „selbstbestimmten Wohnen im Alter”. Brigitte Beilke, Gerda Heintges, Annelie und Hermann aus der Wiesche blickten gemeinsam in die Zukunft, beschlossen, vorzusorgen: „Man muss sich rechtzeitig darum kümmern”, meint Hermann aus der Wiesche, „sonst hat man nicht mehr die Kraft.” Er ist 60, seine Frau noch zwei Jahre jünger.

Seit März 2008 ist dieses Quartett zu einer Gruppe in Schulklassenstärke angewachsen, Altersspanne: Ende 40 bis Mitte 70. Sie treffen sich monatlich im Evangelischen Gemeindehaus, sind dem Netzwerk Saarn angeschlossen, waren jetzt für ein fünftägiges Seminar im niederländischen Westkapelle und brachten aus der Nordseefrische ermutigende Erfahrungen mit.

### Imported per Email (2009-10-25 10:33) ### From: annette.lehmann@waz.de Subject: Foto für Hugo Content: (See attached file: westkappelle.JPG)Projekt "Hausgemeinschaft in Saarn - Selbstbestimmtes Wohnen im Alter": Vorbereitungsseminar vom 10. bis 14. Oktober 2009 in Westkapelle / NL. Fremdbild
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So gelang das befristete Zusammenleben im 17-Zimmer-Freizeitheim gut. Als Referent reiste der städtische Sozialplaner Jörg Marx an, woraus man folgert, dass dieses Projekt im Hinblick auf Mülheims demographische Entwicklung „von großem Interesse ist”. Nicht zuletzt wurde sich die Gruppe über ihre verbindenden Vorstellungen klarer.

Ein Mehrgenerationenhaus etwa möchten sie nicht, fürchten die Fluktuation bei den jüngeren Leuten und auch ein Ungleichgewicht: „In der Realität”, meint Hermann aus der Wiesche, „klappt das nicht. Die Älteren investieren viel Zeit, etwa in Kinderbetreuung, und hoffen, sie bekommen etwas zurück. Doch dann ziehen die Jungen nach München.” So soll es nicht sein, daher steht das Mülheimer Projekt nur älteren Menschen offen, 55 plus.

hausgemeinschaft mülheim saarn
hausgemeinschaft mülheim saarn © NRZ

Zwölf bis 15 abgeschlossene Wohnungen – selbstredend: seniorengerecht – sollen eigene Haushaltsführung ermöglichen, Gemeinschaftsräume und ein Garten sind für zwanglose Begegnungen – „in Hausschuhen”. Mieten möchten sie, keine Eigentumswohnungen einrichten, „weil das im Erbfall sehr schwierig würde”. Eher gefällt ihnen ein genossenschaftliches Modell, um stets bestimmen zu können, wer einzieht. Ärzte und Geschäfte sollen nah sein, aber auch das Umfeld nicht egal: „Wichtig”, sagt Gruppenmitglied Peter Brill (63), „wir wollen in Gemeinde und Nachbarschaft aktiv werden. Das soll kein Refugium sein.”

Gegenseitige Unterstützung als Gegenentwurf zur Einsamkeit im Alter steht ganz oben. Jedoch: „Es geht nicht darum, andere zu pflegen”, betont Annelie aus der Wiesche. „Solche Leistungen kaufen wir ein.” Umzug ins Pflegheim werde sich nicht in jedem Fall vermeiden lassen, „aber vielleicht hinauszögern”. Am wahrscheinlichsten sei ein Neubau, glaubt die Gruppe. Etwa 1300 qm Wohnfläche wünschen sie sich, plus Außengelände – wissend, dass ein passendes Grundstück im Dorf Saarn schwer zu finden ist.

Die nächsten Schritte: einen Verein gründen, einen Namen finden – und einen Investor, der den Boden ebnet. Kontakte zur Mülheimer Wohnungsbau (MWB) seien geknüpft, weitere Gespräche geplant.„In spätestens fünf bis sieben Jahren” wollen sie einziehen – so ganz eilig ist es also noch nicht.

Offen für Neuzugänge

Ist die Projektgruppe für Neuzugänge offen? Nach wie vor: ja, heißt es. Gleichwohl spricht Dirk Brill von einem „Spagat”: Einerseits steigen möglicherweise noch Mitglieder aus, dann sei man auf neue Leute angewiesen. Andererseits sei die Gruppe schon ein gutes Stück miteinander gegangen. Interessenten werden daher gebeten, schon eine halbe Stunde vor dem Projekttreffen (jeweils am ersten Donnerstag im Monat, 18 bis 19.30 Uhr) ins Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Saarn an der Holunderstraße zu kommen. Also bereits um 17.30 Uhr, um sich vorab über den aktuellen Stand zu informieren. Nächster Termin ist der 5. November. Ansprechpartner: Annelie und Hermann aus der Wiesche, Tel. 02504-7189.