Mülheim.

Die Mediziner setzen immer mehr künstliche Gelenke ein, auch das ist eine Folge des demografischen Wandels. In Zukunft rechnen die Ärzte mit noch kleineren künstlichen Ersatzgelenken. Das nächste WAZ-Medizinforum am 4. Mai dreht sich um Chancen und Risiken der Prothesen.

So gut die Ärzte auch bei der Operation zementierten, nicht selten begann alles nach ein paar Jahren zu wackeln und zu bröckeln, vorbei die Herrlichkeit mit dem künstlichen Gelenk. „20, 30 Jahre ist das her. Heute, sagt der Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Evangelischen Krankenhaus, Dr. Willy Izbicki, werde kaum noch zementiert. Die modernen Ersatz-Gelenke bestehen aus Titan und Keramik und sind mit Mikroporen beschichtet, in die der natürliche Knochen der Umgebung einwächst. Kosten der Prothese: rund 3500 Euro.

Und die sitze garantiert fest, sagt Chefarzt Dr. Ulf Kerkhoff. Theoretisch könnte ein Patient kurz nach der OP wieder laufen, gäbe es nicht die Folgen der Narkose. Individuell angepasste Prothesen bekommt der Patient, etwa eine Stunde benötigt ein erfahrener Arzt für den Eingriff, beim Kniegelenk dauert es etwas länger. Dank einer Navigationstechnik wird der Operateur punktgenau beim Eingriff geführt.

Rund 600 Prothesen setzen die Chirurgen des Evangelischen Krankenhauses im Jahr ein. Tendenz steigend. Auch das ist eine Folge des demografischen Wandels. Im Alter nimmt der Verschleiß halt zu. Das Übergewicht, so Kerkhoff, spiele ebenfalls eine große Rolle. Auf manche Masse sind Hüft- wie Kniegelenke einfach nicht ausgerichtet. Und selbst der Sport, extrem und falsch betrieben, schade Gelenken zum Teil massiv. Langes Laufen auf Asphalt gehöre dazu, warnt Izbicki.

Künstliche Gelenke sind auch im hohen Alter kein Problem, wenn der Allgemeinzustand den Eingriff zulässt, sagt Kerkhoff. Nicht selten könnten dadurch Beweglichkeit und Lebensqualität deutlich verbessert, die Selbstständigkeit erhalten werden.

Mancher wartet viele Jahre, zu viele, ehe er sich zu einer Operation entscheidet. „Da spielt Angst eine Rolle, aber auch fehlende Information, oder es dominieren längst überholte Vorstellungen von Prothesen“, meint Izbicki. Zur Aufklärung dient das WAZ-Medizin-Forum am kommenden Mittwoch, 4. Mai, ab 18 Uhr in der Klinik an der Wertgasse. Gleich fünf Experten stehen dort Rede und Antwort in Sachen Hüfte, Knie, Schulter – und Wirbelsäule. Auch künstliche Bandscheiben – kein Gelenk – werden in Mülheim eingesetzt. Allerdings, so Kerkhoff, könne nicht jeder davon profitieren. Voraussetzung für eine künstliche Bandscheibe sei, dass die hinteren Wirbelgelenke nicht bereits Schädigungen aufweisen. Für künstliche Bandscheiben kommen daher vor allem jüngere Patienten infrage. Schon ab Mitte 50 sei dieser Ersatz kritisch zu sehen, sagt der Chef für Wirbelsäulenchirurgie.

Die Entwicklung der Medizintechnik wird künftig dazu führen, dass die Prothesen noch kleiner werden, so Izbicki. Das Ziel ist es, möglichst viel eigenen Knochen und damit auch eine möglichst hohe Elastizität des Bewegungsapparates zu erhalten.