Lernen von Styrum? Warum nicht! Eine neue Form von Stadtteilschule, die Modellcharakter für die gesamte nördliche Ruhrgebietsschiene haben könnte, soll in Styrum entstehen.
So sieht es Behrend Heeren, der Leiter der Willy-Brandt-Schule. Er steht damit nicht alleine da. Nach den Vorstellungen der Zukunftswerkstatt, in der Lehrer, Eltern, Kirchen, Verbände, Bildungsplaner und Politiker vertreten sind, soll es künftig für alle nur noch e i n e mehrkonfessionelle Ganztagsschule an zwei Standorten von Klasse eins bis dreizehn geben.
Die Standorte wären die Augustastraße, wo sich die Willy-Brandt-Gesamtschule befindet, und die Zastrowstraße, wo heute die Ev. Grundschule ihr Domizil hat. Gleich drei Schulstandorte, nämlich an der Meißelstraße, der Schlägelstraße und der Fröbelstraße, würden bei Umsetzung des Planes Zug um Zug aufgegeben. Das soll sparen und Geld freimachen für die nötige Erweiterung und Modernisierung der Schulbauten an der Zastrowstraße. Auf dieses Vorhaben hat sich die Zukunftswerkstatt einstimmig geeinigt. Der Vorschlag liegt der Stadtverwaltung und den Ratsfraktionen vor, sie müssen nun entscheiden, ob sie den Weg mitgehen, wobei die Styrumer keinen Hehl daraus machen: Sie halten diesen Weg für nötig und gut.
An beiden Standorten soll es jeweils drei Eingangsklassen geben. Die Kinder könnten bis zur zehnten Klasse an der Schule bleiben, wer gut ist, hat die Chance, die Oberstufe quasi im Haus zu besuchen. Das Modell würde die Konkurrenz um die Schüler beenden, die Länge der Schulwege bliebe zumutbar. Das Motto „kurze Beine, kurze Wege“ gilt weiterhin als Vorgabe für die Schulanfänger.
Es geht jedoch nicht nur um Bauten, Schulwege und Schülerzahlen. Nicht zuletzt, so Mathias Kocks, didaktischer Leiter an der Willy-Brandt-Schule, gehe es darum, neue pädagogische Wege zu beschreiten. Kein Kind soll wegen seiner sozialen Herkunft in dem Stadtteil scheitern. Das schulische Angebot, so Heeren, soll eines Tages so gut sein, dass auch die Eltern aus höheren Bildungsschichten nicht mehr ihre Kinder auf Schulen außerhalb des Stadtteils schicken. „Wir wollen die zunehmende Segregation stoppen“, heißt es.
Bewusst will die neue Schule die kulturelle und religiöse Vielfalt nutzen. Der katholische wie der evangelische Unterricht blieben erhalten, der Islam-Unterricht würde ebenfalls Bestandteil des Schulalltags. Mehr präventiv will man arbeiten, mehr die Chancen auch der schwächeren Schüler fördern, sagt Hiltrud Moll vom der Gemeinschaftsgrundschule.
Styrum hat es dringend nötig: Der Blick auf die soziale Struktur ist bedenklich, wie Volker Kersting vom Referat Stadtforschung ausführt: Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil der Kinder, deren Eltern Sozialgeld erhalten. Bei Schulneulingen treten Sprach- wie Verhaltensauffälligkeiten und gesundheitliche Mängel vermehrt auf, das Vorsorgeverhalten ist schlecht ausgeprägt, jedes fünfte Kind hat keine oder nur eine verkürzte Kindergartenzeit, fast jedes zweite Kind ist in keinem Sportverein aktiv, auch das gilt als ein Defizit. Wenn hier nichts geschehe, sagt Maria Reimann, Leiterin der Katholischen Grundschule, werden die gesellschaftlichen Folgen noch gravierend ausfallen als sie ohnehin schon seien. Eine Schulpolitik, die einfach nur aus Kostengründen einen Schulstandort schließt und inhaltlich nichts verändert, werden sie in Styrum daher auf keinen Fall mittragen.