Mülheim. .

Wer hat’s erfunden? Ein Germanist ist sicher, dass die Kinder-Figur Heidi eigentlich aus der Feder des Mülheimer Lehrers und Dichters Hermann Adam von Kamp stammt. Die Schweizer Autorin Johanna Spyri soll abgeschrieben haben.

Keine Bange, niemand vertauscht die Alm mit der Zeche und lässt den Geißen-Peter die Bergmanns-Ziege hinterm Kotten melken - aber dennoch ist sich Germanist Peter Büttner sicher: Der Kinderbuchklassiker „Heidi“ von Johanna Spyri, neben Bankgeheimnis, Rütlischwur und Schokolade eines der Schweizer Nationalheiligtümer, hat seine Wurzeln an der Ruhr, ist ein Plagiat.

Büttner stützt sich bei seiner These auf eine Geschichte des Mülheimer Dichters Hermann Adam von Kamp, dessen bekanntestes Werk eher das Lied „Der Mai ist gekommen“ ist - wobei er den Text wiederum auch aus verschiedenen Quellen zusammengetragen hat. Allerdings schrieb er auch eine Geschichte über die „Adelaide vom Alpengebirge“ - und über die Adelheid zur Heidi ist’s nur ein kurzer Weg.

Einer der Verdachtsmomente gegen Johanna Spyri ist übrigens der Umstand, dass sie ihren Klassiker 1880 innerhalb von nur vier Wochen zu Papier brachte. Ob sie allerdings dabei im 50 Jahre älteren Werk des Mülheimer Lehrers und Dichters gewildert hat, ist umstritten.

„Ausgenommen wie eine Weihnachtsgans“

Germanist Büttner hat keinen Zweifel: Spyri habe Adelaide ausgenommen „wie eine Weihnachtsgans“, sagt er. Vielleicht hat man der 1827 geborenen Spyri die Geschichte in Kindertagen vorgelesen und sie hat hochgeholt, was in den Tiefen der Erinnerung geblieben war: Die Geschichte eines Mädchens, das auf der Alm beim Großvater aufwächst und gezwungen wird, bei Bürgersleuten fern der Berge zu leben. Wobei Heidi mit fünf Jahren deutlich jünger ist als die nun 16-jährige Adelaide, die gleich in die USA auswandert.

Darauf weist die Neue Zürcher Zeitung hin, die die Originalität der Schweizer Heidi natürlich vehement verteidigt und nicht recht einsehen will, dass Heidi neben der Schweizer Mutter vielleicht auch noch einen literarischen Vater aus dem Ruhrgebiet gehabt hat – auch, wenn der fleißige Germanist immerhin rund ein Dutzend vergleichbarer Textstellen findet. Doch ist Johanna Spyris Kinderbuch um ein vielfaches voluminöser, auch der Alm-Öhi sei eine völlig andere Figur als Adelaides Großvater. Und was den Geißen-Peter angeht: Den hat von Kamp leider gar nicht in seine Geschichte eingebaut.

Die Schweizer übrigens sind schon wieder einen Schritt weiter: Es gibt Stimmen, die behaupten, Joanne (schon der Vorname!) K. Rowling habe für Harry Potter bei Heidi geklaut - und Lord Voldemort sei in Wirklichkeit die böse Lehrerin Frau Rottenmeier.