Die Mülheimer stehen bei ihrer Stadt ganz schön in der Kreide: Da sind beispielsweise 1,2 Mio Euro Grundsteuer, die noch gezahlt werden müssen. Und 320 000 € Kita-Beiträge, die Eltern schulden, 200 000 € Hundesteuer, 40 000 € für die Straßenreinigung und und und. Alles in allem summierten sich die Forderungen im Januar auf rund 31 Mio €. Da mag der Laie denken: Würden die Leute nur zahlen, sähe der Haushalt gleich besser aus. Aber so einfach ist das nicht.
Denn, und das betont Kämmerer Uwe Bonan sofort: Dass die Stadt Forderungen hat, bedeutet nicht, dass die Mülheimer eine schlechte Zahlungsmoral besitzen. Vielmehr sei das ein „normaler buchhalterischer Vorgang“. Für alle Nicht-Buchhalter: Wenn die Stadt eine Rechnung oder einen Gebührenbescheid rausschickt, hat sie automatisch eine Forderung an den Angeschriebenen. Das bedeutet also keine 31 Mio € extra, die zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden können, sondern vielmehr 31 Mio €, die eh schon im Haushalt eingeplant sind, die aber noch reinkommen müssen.
Und natürlich bedeutet „Forderung“ nicht automatisch, dass der Adressat nicht zahlt. Im Gegenteil: „Wir gehen davon aus, dass gezahlt wird.“ Mario Niggemann sagt das – obwohl er wissen muss, dass dem nicht so ist: Er arbeitet in der Beteiligung- und Finanzsteuerung der Stadt, zuständig fürs Rechnungs- und Mahnwesen.
Eben dieses Mahnwesen wurde als Teil des Haushaltssicherungskonzepts nun optimiert. Gingen früher Mahnungen alle vier Wochen raus, gibt es jetzt einen Drei-Wochen-Rhythmus. Rund 3500 Mahnung sind es pro Monat. „50 bis 60 % der Leute“, sagt Mario Niggemann, „zahlen nach der ersten Mahnung.“
Die, die dann nicht zahlen, sind ein Fall für Jürgen Schürmann, den Leiter des Zentralen Finanzmanagements, das Vollstreckungen übernimmt. Auch da wurde in den vergangenen Jahren optimiert.
8000 laufende Vollstreckungs-Vorgänge gibt es aktuell; in Einzelfällen werden fünf- bis sechsstellige Beträge geschuldet. Teils können die Schuldner nicht zahlen, teils wollen sie einfach nicht. Einige wenige dieser „chronischen Nicht-Zahler“ füllen seit Jahrzehnten Aktenordner.
„Verschiedene Instrumente verschiedener Eskalationsstufen“, sagt Uwe Bonan, kann die Stadt einsetzen. Der Besuch von einem der sieben Vollziehungsbeamten gehört dazu, Mietpfändung, Gewerbeuntersagungsverfahren, die Kündigung des Kindergartenplatzes usw. „Sehr gerne pfänden wir Konten“, sagt Jürgen Schürmann. Denn dies sei ein Mittel, das die Zahlungsmoral schnell steigere. Gleiches gilt für die Parkkralle, die vor einem Jahr angeschafft wurde. „Wir haben festgestellt, dass es reicht, den Begriff zu kommunizieren.“ Nur einmal wurde die Kralle bisher angesetzt – Stunden später waren die Schulden bezahlt.
Ebenso abschreckend ist der Begriff „Erzwingungshaft“. Sie ist eines der letzten Mittel. Ebenso wie Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren, die etwa bei rückständigen Grundsteuer-, Abwasser- und Straßenreinigungsgebühren für Immobilien denkbar sind. Tatsächlich ist dies gar nicht so selten: Bei 150 Objekten laufen solche Verfahren. Welches Mittel das geeignetste ist, wird im Einzelfall entschieden, sagt Uwe Bonan. Und jedes ist für ihn ein Weg zu mehr Gerechtigkeit, „denen gegenüber, die pünktlich zahlen“. Und natürlich ist es auch ein Weg zu einer volleren Stadtkasse.