Im Jahr 2009 wurden in Mülheim sieben MRSA-Patienten registriert, wovon zwei verstarben. 2010 zählte man 31 MRSA-Patienten, von denen neun nicht überlebten.
Antibiotikaresistenz ist kein neues Problem. Schon lange wurde davor gewarnt, dass eine unkritische Einnahme von Antibiotika dazu führen kann, dass so genannte multiresistente Krankheitserreger nicht mehr oder nicht mehr schnell genug auf die nötige Medizin reagieren. Betroffen sind vor allem Infektionen mit dem Bakterium Staphylococcus aureus (MRSA). Erst, seit es eine gesetzliche Meldepflicht für Patienten mit einer MRSA-Infektion im Blut gibt, gibt es Zahlen. Amtsarzt Dr. Dieter Weber präsentierte dem Sozialausschuss nun die ersten, auch mit Todesfolgen.
Solche schweren Verläufe sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs, erklärte Dr. Weber. Denn Menschen, bei denen die gefährlichen Keime nachgewiesen worden sind, die „besiedelt“ sind, sind noch nicht krank. Doch können durch MRSA-Keime Infektionen wie eine Lungenentzündung entstehen, deren Behandlung schwierig wird.
Schon im Dezember hat sich in der Stadt das Netzwerk Multiresistente Erreger (MRE) aus Vertretern von Medizin, Pflege und Rettungsdiensten gegründet. Das MRE-Netzwerk will eine bessere Versorgung ambulanter Patienten erreichen, die Träger von MRSA-Keimen sind. Dazu gehört auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen bei der Befreiung von den Keimen ( Ärzte sprechen von „Sanierung“) und die Abstrichuntersuchung zur Kontrolle danach. Derzeit sind, zitierte Weber aus einem Schreiben der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, die Kosten (von mindestens 60 €) für eine (verschreibungspflichtige) Nasensalbe und eine Körperwaschlotion vom Patienten zu tragen. Dazu wurde bereits NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens angeschrieben, auch die Mülheimer Bundestagsabgeordneten Anton Schaaf (SPD) und Ulrike Flach (gesundheitspolitische Sprecherin der FDP) bekommen in der nächsten Woche Post, wie Dr. Dieter Weber ankündigte.
Der Amtsarzt erklärte den Lokalpolitikern im Ausschuss, dass der gegen bestimmte Antibiotika unempfindliche Eitererreger MRSA vor allem für Menschen mit einem schwächeren Immunsystem zum Problem werden kann. Dazu gehören Ältere und Pflegebedürftige, Dialysepatienten oder auch Menschen mit chronischen Wunden wie offenen Beinen oder Kathetern.
Es wird geschätzt, dass 2 % der Bewohner in Altenpflegeheimen MRSA-besiedelt sind. Um die weitere Ausbreitung der gefährlichen Keime zu verhindern, gebe es bei der Aufnahme von Risiko-Patienten in beiden Mülheimer Krankenhäusern gute Tests.
Für eine Übertragung des MRSA-Bakteriums ist ein enger Kontakt notwendig, wie er zwischen Pflegenden und Kranken oder auch Ehepartnern üblich ist, erklärt Weber: „Eine kontaminierte Türklinke anzufassen, reicht in der Regel nicht aus.“
Das Keim-Problem hat Mülheim nicht allein. Auch andernorts dürfte die Feuerwehr verstärkt Vorsichtsmaßnehmen bei Krankentransporten ergreifen. In Mülheim wurden 2009 schon 1400 Infektions-Fahrten für 220 MRSA-Patienten durchgeführt, darunter viele Dialyse-Patienten. Die Gesundheitsämter in den Ruhrgebietsstädten stimmen sich längst ab, wollen etwa einen „Überleitungsbogen“ entwickeln für Patienten, die in die Obhut der ambulanten Pflegedienste kommen. „Wir wollen das Problem im Gleichschritt angehen“, sagt Amtsarzt Dieter Weber.