Die Leute standen bis auf die Straße. Auch im Foyer des Kunstmuseums herrschte dichtes Gedränge wie selten. Alle Sitzplätze waren belegt. Viele Besucher mussten stehen. Nach dem üblichen Präludium und Ansprachen, so von Bürgermeister Markus Püll und Museumsleiterin Dr. Beate Reese, dann die Nachricht, auf die hier alle gewartet hatten: Der Heißener Künstler Alexander Voß erhält den Preis des Kunstvereins für sein Werk. Donnernder Applaus!
Der 50-jährige Preisträger trat, noch immer ganz überrascht, vors Mikrofon. Dann sprach der bildende Künstler – fast ein wenig schüchtern und zurückhaltend – einige Worte des Dankes für den mit 2000 Euro dotierten Preis: „Ich freue mich sehr. Dieser Preis wirkt auf mich wie ein paar Tropfen Benzin in einem Motor. Er ist für mich Antrieb und Motivation zugleich.“ Anschließend wurde die Jahresausstellung der Mülheimer Künstler fürs Publikum freigegeben, das mit dem Drang der Kunden eines Winterschlussverkaufs in die Museumsräume strömte.
Viele Besucher, vor allem seine zahlreich versammelten Künstlerkollegen, gratulierten Voß mit warmen Worten, schauten sich zunächst sein preisgekröntes Werk an: Drei rechteckige, kunstvoll zerschnittene Glasscheiben, deren Linienführung einem genauen Plan folgt. „Als ich mein Kunstwerk schuf, ging ich so vor wie häufig“, erläuterte Voß sein Werk: „Ich fertigte zunächst eine Zeichnung an. Danach habe ich die Glasplatten exakt nach diesem grafischen Plan zersägt.“ Herausgekommen ist ein gläsernes Wandobjekt, reduziert, minimalistisch, aber attraktiv und von karger Schönheit.
Das Werk entspricht irgendwie seinem Schöpfer. Auch Alexander Voß ist ein eher zurückhaltender, bescheidener Mensch, der seine Worte so exakt setzt, wie er sein Material – Glas, Holz, Pressspanplatten – wählt und kunstvoll bearbeitet. Mir war die Reduktion auf das Wesentliche bei der künstlerischen Arbeit von Anfang an wichtig“, sagt er. Er, 1960 in Heißen geboren und aufgewachsen, studierte nach der Hauptschule und auf der Höheren Handelsschule in den 80er Jahren an der damaligen Gesamthochschule Essen Kunst, Zeichnung und Fotografie. Er war Schüler des Mülheimer Künstlers Friedebert Reihl. „Das begann schon im Studium, als ich Röntgenaufnahmen nachzeichnete. In der Zeichnung muss man sich auf das konzentrieren, was einem eigen, was ich als wichtig empfinde.“ In seinem Fall reduzierte Voß seine Kunstwerke auf natürliche, geschwungene Linien, die im Gegensatz zu geometrischen Linien stehen.
„Dabei geht es mir immer um die Kombination von Zeichnung und Material. Erst lerne ich das Material kennen, dann nehme ich ihm etwas weg. Dabei entstehen Brüche, Kanten und Linien. Das ist bei mir immanent. Dieses Konzept habe ich mit Papiercollagen und Linoldrucken auf Glas umgesetzt, später auch mit Glas, Holz und Pressspanplatten.“
Mit Erfolg: Alexander Voß arbeitete zunächst in seinem Zimmeratelier in Heißen, dann im Schloß Styrum, im Künstlerhaus Duisburg und seit 1994 bis heute im Künstlerhaus Duisburg-Baerl. Er gewann 1990 zunächst den bundesweiten Henry-Kahnweiler-Preis, 1995 den Bergischen Kunstpreis und den Kunstpreis des Rhein-Ruhr-Zentrums. Seit Jahren engagiert er sich für ein neues Kunsthaus in Mülheim. Und nebenbei verdient sich der Jazz-Liebhaber das notwendige Zubrot in einem Mülheimer Krankenhaus, in dem auch seine Ehefrau als Krankenschwester tätig ist. Schließlich ist der 50-Jährige Vater von drei schulpflichtigen Kindern. So bleibt seine Art der Plastik keine „brotlose Kunst“ . . .