Liebe Stadtverwaltung! Ich Otto Normalbürger weiß, dass ich spät dran bin, aber dennoch möchte ich kurz vor dem Fest noch meinen Wunschzettel loswerden.
Ich weiß ja, liebe Stadt, dass du klamm bist. Deshalb wünsche ich mir ja auch nichts, was Geld kostet. Ich wünsche mir nur mehr Transparenz in den Dingen, an denen mein Geld als Bürger und Steuerzahler hängt. Leider hast du mir reichlich Informationen in diesem Jahr vorenthalten. Doch meine ich, ein Recht auf diese Informationen zu haben. Also schreibe ich dir diesen öffentlichen Wunschzettel.
Beiträge. In der vergangenen Woche erst wieder berichtete die WAZ darüber, dass die Stadt Jahrzehnte nach Straßenbaumaßnahmen von Bürgern noch Erschließungsbeiträge einfordert. Lange Zeit konnte die Stadt diese Baumaßnahmen nicht auf die Bürger umlegen, weil die eigene Satzung es verbot. 2007 ließ die Verwaltung die Politik dann mal kurzerhand die Satzung ändern, um ans Geld der Bürger zu kommen.
Die WAZ-Anfrage, welche Straßen nun noch abgerechnet werden und wie viel Geld die Stadt damit einnehmen will, wurde dieser Tage wie folgt beantwortet: Es seien wohl rund 120 Straßen, für die man noch Beiträge erheben werde. Doch eine Auflistung gebe es nicht, auch keine summierte Einnahmeerwartung. Wie bitte? Hat die Stadt vollkommen den Überblick verloren? Haben die betroffenen Anlieger nicht das Recht zu erfahren, was auf sie zukommt?
Liebe Stadt, bitte erstell doch eine entsprechende Liste, wenn du sie tatsächlich nicht hast!
Sozialholding. Da hat im Mai ausgerechnet die Sozialholding als kleinste städtische Gesellschaft einen zweiten Geschäftsführer bekommen. Muss das sein in einer Gesellschaft, die zwar vor großen Herausforderungen steht, aber letztlich ausschließlich drei Seniorenheime verantwortet? Was kostet den Steuerzahler dieser zweite Geschäftsführer? Liebe Stadt, bitte verweigere nicht weiter eine Antwort auf diese Fragen!
Rathaus. Das historische Gebäude bedurfte dringend einer Sanierung – keine Frage. Das macht nun die 100-prozentige Stadttochter SWB; Anteilseigner sind die Medl und die Beteiligungsholding. 40,4 Mio Euro werden zurzeit investiert.
Dafür hat die Wohnungsbaugesellschaft SWB das Rathaus für 50 Jahre per Erbpachtvertrag in ihren Besitz genommen. Die Miete freilich, die die Stadt künftig an die SWB zu überweisen hat, mag die Verwaltung nicht nennen. Dabei müsste die Kalkulation des Projektes die Bürger interessieren dürfen; es ist ihr Geld, das dort drinsteckt. Doch es herrscht Schweigen im Walde.
Finanzströme im Konzern Stadt bleiben so undurchsichtig. Liebe Stadt, die Kalkulation geht uns alle an!
Feuerwache. Der Neubau an der Duisburger Straße hat 33,9 Mio Euro gekostet. Bauträger war die SMW-Projektentwicklungsgesellschaft, ein Verbund aus Sparkasse, städtischer Wohnungsbaugenossenschaft MWB und dem Mülheimer Privatinvestor Jochen Hoffmeister. Auch hier verweigert die Stadt die Auskunft über die Mietkalkulation für die kommenden 20 Jahre plus X. Mittlerweile ist die Immobilie gar an die Unternehmensgruppe Hannover Leasing veräußert, vermutlich sind auch die Mietvereinbarungen übernommen worden.
Die Investoren von einst geben sich großzügig, wollen 1 Mio Euro aus dem Verkaufserlös für eine Stiftung geben, die zum Wohle der Mülheimer Bürger agiert. Da tauchen Fragen auf: Ist die vereinbarte Miete so hoch, dass die Investoren von ihrem Gewinn gar 1 Mio Euro lockermachen können? Da scheint die Stadt ja großzügig gewesen zu sein in der Vertragsgestaltung?. Schmeißt sie Steuermittel zum Fenster raus? Diese Frage ließe sich nur beantworten, wenn die Stadt Zahlen nennen würde. Liebe Stadt, verweigere dies nicht länger!
ÖPP. Ob der Bau des Medienhauses oder die Sanierung von drei großen Schulzentren – die Projekte, die in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) realisiert werden, bleiben für den Bürger und Steuerzahler undurchsichtig. Auch hier wollten wir gerne wissen: Welche monatlichen oder jährlichen Mietkosten und Kosten für die Hausmeisterdienste muss die Stadt an den Partner zahlen? „Nicht öffentlich“ war die Antwort.
Ruhrbania. Wann legt er nun endlich los? Gemeint ist Kondor Wessels, der Investor auf dem Ruhrbania-Baufeld I. Immer wieder verzögerte sich ein angekündigter Baustart, die Stadt weigert sich indes vehement dagegen, Auskunft zu geben über vertragliche Verpflichtungen des Investors hinsichtlich des spätesten Baustarts und mögliche Vertragsstrafen. Oder liegt ihr beharrliches Schweigen nur darin begründet, dass sie selbst bei der Baugenehmigung nicht zu Potte gekommen ist? Steht das größte Stadtentwicklungsprojekt der Gegenwart vertraglich auf sicherem Fundament? Liebe Stadt, wir hätten gerne eine Antwort!
RWE. RWE will vorzeitig den Konzessionsvertrag für den Betrieb und die Unterhaltung des Stromnetzes verlängert bekommen, ein lukratives Geschäft für den Energieriesen. Die Stadtspitze zögerte nicht, in ein eiliges Verfahren einzusteigen, um dem Konzern entgegenzukommen. Dabei lässt sich mit dem Stromnetz gutes Geld verdienen. Warum nicht das Stromnetz kaufen und durch die Medl selbst betreiben lassen? Rechnet sich nicht, sagt die Beteiligungsholding, bleibt aber eine transparente, nachvollziehbare Rechnung bis heute schuldig. Liebe Stadt, bitte mal den Stift spitzen!