Mülheim..

"Ruhrpott Locals" heißt das neu gegründete Modelabel der beiden Mülheimer Thommi Biesgen und Nico Giesen. Mit einem Kanarienvogel als Maskottchen wollen sie zusammen mit Grafikdesignerin Nina Hubinger binnen zwei Jahren 10.000 Klamotten verkaufen.

Kanarienvögel – im Verlauf der vergangenen Jahre domestizierte Singvögel, ursprünglich beheimatet auf den atlantischen Inselgruppen der Kanaren, Azoren und auf Madeira.

Was also, bitteschön, prädestiniert den Sänger im gelben Federkleid, als Symbolträger eines Modelabels aus dem Ruhrpott, genauer: aus Mülheim, aufzusteigen? Für die drei Macher von „Ruhrpott Locals“ keine Frage: Der Kanarienvogel steht in weit weniger plumper Form für die Bergbautradition im Revier als ein Förderturm – und lässt sich daher auch überregional besser vermarkten. Eine Gründergeschichte, gar nicht mal so schräg, sondern zielstrebig . . .

Eine eigene Gruppen-Identität

Sie fängt an beim Wellenreiten vor der Küste Portugals. Dort waren die Mülheimer Thommi Biesgen (29) und Nico Giesen (30) nicht nur auf der Suche nach der perfekten Welle, sondern auch nach Identität. Die Jungs aus München und Darmstadt hatten da schon ihre „Communities“, zeigten Lokalpatriotismus. Biesgen und Giesen wollten dem nicht nachstehen, schufen sich eine eigene Gruppen-Identität: Der Name „Ruhrpott Locals“ ward geboren.

Damit nicht genug. Die Sportbegeisterten wollten ihre neue Identität auf der Brust tragen – der Idee, aus den „Ruhrpott Locals“ ein Bekleidungs-Label erwachsen zu lassen, folgte die Suche nach einer Grafikerin, die aus, pardon, Hingespinst Handfestes zu kreieren in der Lage war. Nina Hubinger (29), als studierte Grafikdesignerin selbstständig in Essen, fand sich im Bekanntenkreis. Das perfekte Trio zur Geschäftsgründung war beisammen: Hubinger als kreative Kraft, Biesgen als selbstständiger Handelsvertreter für Segelbedarfe mit Vertriebserfahrung, Giesen als studierter Marketing-Experte, ebenfalls schon auf eigene Rechnung aktiv.

Kanarienvögel im Ruhrpott

Kanarienvögel im Ruhrpott. Nina Hubinger experimentiert bei ihren Designarbeiten gerne mit Tieren, da stieß sie auf die Geschichte, dass Bergleute dereinst in Käfigen Kanarienvögel mit unter Tage nahmen, weil diese besonders empfindlich auf Grubengas reagieren. Fiel ein Vogel von der Stange, wussten die Bergmänner Bescheid: Es ist Zeit, das Weite zu suchen.

Die Dreierrunde schmunzelt: Zwar hatte Nina Hubinger noch Alternativen präsentiert, aber zum auf dem Rücken liegenden Kanarienvogel, der offensichtlich Menschenleben gerettet hat, hatte sie gleich noch ein paar Buttons gefertigt – so blieb ja keine andere Wahl mehr. Nachdem ein Textillieferant mit eigener Schnittentwicklung und Ökotex-Standard gefunden und mit 6000 Euro Startkapital eine Unternehmergesellschaft mit eingeschränkter Haftung gegründet war, konnten die ersten Designentwürfe auf Textil gedruckt werden.

Aktuell haben die „Ruhrpott Locals“ 22 Produkte im Sortiment, modisch geschnittene, leicht taillierte Shirts und Kapuzenpullis (stilecht mit Taubenring an der Kordel), allesamt ziert sie der Kanarienvogel, „der Held der Vergangenheit“, wie ihn Thommi Biesgen nennt. Als Standardvariante ist er solo abgedruckt, mal als Detail einer Knarre oder einer Kassette, dann wieder als Eiskugel im Hörnchen, als Augen im grinsenden Totenkopf oder als „Herz für Vögel“, das aus einem Industrieschlot raucht. Trendig kommen die Shirts daher, lässig. Selbst ein Kinder-Shirt („Der schläft nur“) ist im Angebot.

Erste Ziele

Die Jungunternehmer haben sich zum Ziel gesetzt, schon in zwei Jahren 8000 bis 10 000 Teile zu verkaufen. Zurzeit suchen sie, die noch in Kettwig beherbergt sind, ein neues Büro in Mülheim. Ausgeschlossen sei auch nicht, als Flaggschiff der Marke später mal einen eigenen Laden zu eröffnen – „dann aber wohl nicht in Mülheim“, sagt Giesen. „Hier floriert der Einzelhandel, gerade bei kreativen Textilien, ja nicht gerade.“ Aber wer wisse das schon. Vielleicht ändere man ja noch die Meinung, wenn erst die Fachhochschule gebaut sei.