Der Entenfangsee entstand in den 30er Jahren beim Ausbaggern für die Autobahn A 3. Bei Hitze ist der Sandstrand voll, Baden wird geduldet. Doch Boote, die am Ufer verliehen werden, sind nicht motorisiert. Wer hier seine Freizeit verbringt, bewegt sich im Landschaftsschutzgebiet.

Es ist Freitag vormittag und nach Frühsommer-Maßstäben frisch. Vor dem hölzernen Clubhaus des Angelvereins Fischwaid 1930 e.V. sitzt Günter Boeing und sieht auf den See. Wie er es häufig tut, schon als junger Mann tat. Hier am Entenfang hat der mittlerweile 73-Jährige einen Rekord aufgestellt, der auch schon wieder eine Weile besteht und im Vereinsheim dokumentiert ist.

Zwischen zähnefletschenden Hechten und anderen Präparaten hängt im Halbdunkel die „Hitliste der größten gefangenen Fische ab 1983”. Günter Boeing zog des Nachts einen Wels ins Boot: 1,61 m lang, 28 Kilo schwer, und behauptet sich damit als Spitzenreiter.

Sie sind ungefähr ein Jahrgang, der Angler und sein Revier: Der Entenfang, ein Baggersee, entstand Anfang der 30er Jahre beim Bau der Autobahn A 3. Er umfasst eine Fläche von etwa 13,5 Hektar, die auf Mülheimer Stadtgebiet liegt, wird von zwei Bächen gespeist und läuft weiter in die Duisburger Sechs-Seen-Platte. Anfangs bestand er aus zwei Teilen, bis eine unwetterbedingte Überschwemmung eintrat. Sie ließ in der Mitte nur noch die Insel stehen.

Kochpott-Angler

Dauercamper wie Ausflügler mögen den See und schätzen den Weg ringsum als Spazierstrecke. Eine Dreiviertelstunde dauert sie, gemütlich gegangen. Selten kommt der Entenfang den Menschen zu nahe. Erhard Fischer, Geschäftsführer des Freizeitparks, erinnert sich lediglich an eine kritische Begegnung: „1976 hatten wir Hochwasser. Da stand das Wasser auf dem Platz bis zu 30 cm hoch.”

Erhard Fischer wollte den See gerne sportlich-kommerziell nutzen und beantragte bei der Stadt den Aufbau einer Wasserskianlage, ähnlich wie sie in der Wedau kreist. Daraus wurde nichts, da der Entenfang im Landschaftsschutzgebiet liegt. Auch Motorboote dürfen hier nicht fahren. Wer weder rudern noch treten mag, bekommt beim Bootsverleih immerhin elektrisch betriebene kleine Kähne.

Zurück zum Rekord-Wels von Günter Boeing: Er wurde, mit Hilfe von Freunden, frisch verzehrt. „Wir sind Kochpott-Angler”, sagt Heinz Laufs, Vorsitzender des Angelvereins, der 150 Mitglieder zählt. Das Gewässer gehört, wie das umliegende Grün, der Forstverwaltung Graf von Spee. Der Club hat es gepachtet. Laufs schätzt den jährlichen Fang auf insgesamt rund 500 Kilo. Vom Aal bis zum Zander. „Dafür setzen wir aber auch regelmäßig neue Fische nach.”

Ersthelfer am Wasser

Als Badegewässer ist der bis zu sechs Meter tiefe See nicht freigegeben. Aufsicht und Toiletten fehlen. Doch es gibt einen Sandstrand, einen Kiosk, und an Hitzetagen tummeln sich Tausende am Ufer, viele plantschen. Das Deutsche Rote Kreuz betreibt am Entenfang seit den frühen 70er Jahren eine Wasserwacht-Station: Wenigstens in der Sommersaison seien Ersthelfer da, erklärt DRK-Kreisgeschäftsführer Helmut Storm: „Der See liegt weitab vom Schuss, und die Leute parken oft wie die Weltmeister. Da kommt der Rettungswagen im Notfall nur schwer durch.”

Von Mitte Mai bis Anfang August seien sie an warmen Wochenenden vor Ort, sagt Daniel Muscheika, technischer Leiter der Wasserwacht. Zu viert. Alles Ehrenamtliche. Sie haben ein Auto, ein Schlauchboot, unmotorisiert, ein Rettungsbrett. „Eigentlich passiert am Entenfang nicht viel”, ist Muscheikas Erfahrung aus über zehn Jahren, die meisten kämen mit Insektenstichen zur DRK-Hütte, selten tritt jemand in eine Scherbe.

Da hat Günter Boeing, seit mehr als einem halben Jahrhundert Angler am See, schon anderes erlebt: „Einmal im Winter haben sich zwei Schwerbehinderte gemeinsam das Leben genommen.” Es war Boeing, der den im Wasser dümpelnden Rollstuhl fand. „So was vergisst man nicht.”