Mendener Straße 3. Baujahr 1889. Erst Ausflugslokal, später Bootshaus, dann Jugendherberge – und demnächst wohl ein Haus mit sieben Mietwohnungen zwischen 105 und 180 Quadratmetern, Ruhrblick.

Am 16. Dezember soll die endgültige Entscheidung über die Nutzung der Herberge fallen, die plötzlich so vielen Mülheimern am Herzen liegt. Zwischen zwei Investoren kann die Politik entscheiden – wenn sie sich nicht weiter vertagt.

Davor warnt der Chef der Wirtschaftsförderung Jürgen Schnitzmeier: Investoren sollten nicht länger hingehalten werden. Es gehe auch nicht um die Frage: Soll eine schöne, beliebte Immobilie zu einer Luxusvilla für Reiche werden? Vielmehr lasse sich eine solche Immobilie betriebswirtschaftlich nicht aus öffentlichen Mitteln führen. Der Ratsbeschluss zum Haushalt war denn auch eindeutig: Verkauf der Jugendherberge, die ein dauerhaftes und teures Zuschussgeschäft war.

Der von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Investor, die Schell Grundstücks- und Vermögensverwaltungsgesellschaft aus Mülheim, biete nicht nur einen sehr guten Preis, so Schnitzmeier, sie habe zugesagt, auch das öffentliche Interesse an diesem Standort zu wahren. Heißt: Die Idylle bleibt erhalten, soll sogar herausgeputzt werden. Das ist allen politischen Fraktionen wichtig. Das Postkarten-Motiv darf nicht kaputt gemacht werden, bringt es Heiko Hendriks (CDU) auf den Punkt. Als Investition sind laut Kämmerer Uwe Bonan rund eine Million Euro im Gespräch.

Der Kämmerer hat das Geld eingeplant und spricht ebenfalls davon, Investoren nicht zu verärgern. Es gehe hier auch um Vertrauen und Verlässlichkeit. „Irgendwann ist bei Investoren die Grenze erreicht.“ Träten sie von ihrem Angebot zurück, wäre das für den Haushalt der Stadt die schlechteste aller Lösungen. Die Politik, betont Wilfred Buß (SPD), habe bisher nichts verzögert, irgendwelchen Drohgebärden blicke man daher gelassen entgegen.

Dabei besteht an einer politischen Mehrheit für den Verkauf kaum noch ein Zweifel, auch wenn die Mülheimer Bürgerinitiativen weiterhin den Verein VKJ aus Essen, der sich um benachteiligte Familien kümmert, im Gespräch halten. Doch von dort gibt es eine klare Absage: Die erforderliche Kaufsumme sei nicht aufzubringen. Der Verein kam erst in den letzten Wochen ins Spiel, er genießt in der Mülheimer Politik viele Sympathien. „Wir werden mit dem Verein einen alternativen Standort in der Stadt suchen“, versichert Schnitzmeier.

Neben den Mülheimer Bürgerinitiativen machen sich vor allem die Grünen für den Verein stark und hätten eine weitere Nutzung des Standortes für Kinder gerne gesehen. Mehr Zeit für den Verein, um ein Finanzkonzept aufzustellen, fordern die Mülheimer Bürgerinitiativen weiterhin und bekommen sogleich vom Chef des Immobilien-Service, Frank Buchwald, eine Abfuhr: Jeder Monat kostet 20 000 Euro an Unterhaltung, Sicherung und Zinsen. Zu viel – auch für eine Idylle.