Im Norden der Stadt droht die Spardebatte der Evangelischen Kirche doch das zu werden, was die Kreissynode mit einem Beschluss jüngst zu vermeiden suchte: ein Verteilungskampf.
Mit Händen und Füßen, mit mittlerweile mehr als 2000 Unterschriften wehren sich Mitglieder der Markusgemeinde gegen die Schließung des Gemeindezentrums samt Kindertagesstätte am Knappenweg in Winkhausen.
Wie berichtet, hatte das Presbyterium besagter Gemeinde im Oktober entschieden, das Zentrum am Knappenweg Ende 2011 und die dortige Kita im Sommer 2012 aufzugeben. Als Grund wurde ein sich abzeichnender Finanzkollaps angeführt.
Dem widerspricht eine große Gruppe Gemeindeglieder und hat einen breiten Protest organisiert. Schon zur Kreissynode hat es eine Mahnwache gegeben. Auch am Montag wollen die aufgebrachten Gemeindeglieder vor dem Neujahrsempfangs des Kirchenkreises mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eine Mahnwache abhalten. Die Protestler treffen sich um 17.20 Uhr vor dem Haupteingang des Altenhofes an der Kaiserstraße.
Der Streit in Winkhausen widerspricht dem Ziel, das die Kreissynode Mitte November für die Spardebatte ausgegeben hat. Sie hatte beschlossen, die Diskussion um zukünftige Strukturen kirchlicher Arbeit um ein halbes Jahr zu vertagen, um Zeit zu haben, die Kirchenarbeit gesamtstädtisch in den Blick zu nehmen. So soll gewährleistet sein, dass die Qualität evangelischen Wirkens keinen Schaden nimmt. Verhindern will man, dass sich Kirche „kaputtspart“. Besser sei nach dem Motto zu verfahren: Lieber drei gut funktionierende Jugendzentren als viele Zentren, die im Angebot auf ein Minimum zusammengeschrumpft sind.
In der Markusgemeinde aber ist der Verteilungskampf durch den frühzeitigen Beschluss des Presbyteriums bereits in vollem Gang. Viele Vorwürfe der Schließungsgegner stehen im Raum. Aktuell haben sie ihrem Presbyterium ein Papier mit vier Thesen vorgelegt, das zeigen soll, dass die Schließung am Knappenweg keineswegs nötig wäre.
Im Thesenpapier, das der WAZ vorliegt, heißt es unter anderem, dass der Gemeindehaushalt nicht die vom Presbyterium ausgewiesene Schieflage aufweise und auch in Zukunft nicht aufweisen werde. Die Gemeinde kennzeichne im Vergleich zu den anderen Nordgemeinden Styrum, Dümpten und Johannis, mit denen man fusionieren will, ein unterdurchschnittlicher Aufwand für die Gebäudeunterhaltung, dafür allerdings eine überdurchschnittliche Überversorgung mit Pfarrstellen. Vierte und letzte These: Die Markusgemeinde habe das größte Steueraufkommen aller Nordgemeinden. Da frage man sich: „Warum schließen wir als größter Kirchensteuerzahler mit einem ausgeglichenen Haushalt und den geringsten Gebäudekosten im Mülheimer Norden noch ein weiteres unserer erfolgreichen Zentren?“
Michael Mettner, der die Funktion des Sprechers für die Protestgruppe übernommen hat, wirft dem Presbyterium der Gemeinde nun vor, „auf Zeit zu spielen“. Zwar habe das Leitungsgremium mittlerweile Gesprächsbereitschaft signalisiert, wolle am 5. Dezember zunächst aber nur über Gesprächsmodalitäten reden. Dies sei gar nicht nötig, so Mettner. Die Forderungen seien klar: „Wir wollen mit allen Presbytern sprechen, ein neutraler Moderator soll dabei sein, wir wollen vorab eine Stellungnahme zu unserem Thesenpapier und schließlich eine öffentliche Sitzung, an der interessierte Zuhörer teilnehmen können.“