Fast alle 90 Minuten kracht es irgendwo in Mülheim. Mehr als 5600 Verkehrsunfälle registrierte die Polizei im vergangenen Jahr. Und jeden einzelnen hat das Verkehrskommissariat analysiert, um die Straßen sicherer zu machen.
Der überdimensionale Stadtplan an der Wand mit den farbigen Stecknadelköpfen hat im Untergeschoss der Verkehrsdirektion an der Von-Bock-Straße längst ausgedient. Doch der Name hat überlebt. „Elektronische Unfalltypen-Steckkarte“ heißt die Datei im Rechner der Verkehrsdirektion, in die Hauptkommissar Dirk Wondorf jeden Unfall einträgt, der von Polizisten aufgenommen, ins Innenministerium nach Düsseldorf gemeldet und elektronisch zurück nach Mülheim geschickt wird. Das digitale Fähnchen an der virtuellen Stecknadel signalisiert die Unfalltypen, die Größe des Stecknadelkopfes die Schwere des Unfalls. Ist er ganz schwarz, bedeutet das: An dieser Stelle starb ein Mensch. Zwei solcher Köpfe musste Wondorf für 2009 eintragen.
Im Computer trägt die Kreuzung Bergstraße/Am Schloß Broich viele hellrote Fähnchen. Hier wurden Fußgänger und Radfahrer durch Rechtsabbieger verletzt. „Die Lage hat sich etwas entschärft durch das Markieren von Radwegen“, sagt Jürgen Lückemeyer, Erster Polizeihauptkommissar und Chef des Verkehrskommissariates. Zusätzlich gibt es jetzt vor und hinter der Kreuzung Geschwindigkeitsüberwachungen. Das wirkt, sagt Wondorf. „Wir haben momentan etwas weniger Unfälle.“
An Unfallhäufigkeitsstellen nach solchen Abhilfen zu suchen, ist die Aufgabe der Unfallkommission. In ihr arbeiten Polizei, Verkehrs- und Baubehörde zusammen. Wann sie eingreifen müssen, ist inzwischen per Erlass geregelt.
„Der erste Anhaltspunkt sind drei typgleiche Unfälle in einem Jahr“, zählt Wondorf auf. Der zweite: drei Tote oder Schwerverletzte an einer Stelle binnen drei Jahren. Und der dritte: Mindestens fünf Fußgänger und/oder Radfahrer wurden in den letzten drei Jahren an dieser Stelle verletzt.
70 Stellen im Stadtgebiet hat Wondorf „in der groben Beobachtung“. Neben dem Fähnchen in der Steckkarte hat er im Rechner auch Fotos der Kreuzungen, aus allen Blickwinkeln. Denn manchmal, sagt Lückemeyer, „steht einfach nur ein Baum oder eine Hecke im Weg und versperrt die Sicht.“
Wenn das an der Aktienstraße nur mal so einfach wäre. Hier kommt es nach Erkenntnissen der Verkehrskommissare immer wieder zur Auffahrunfällen unter Rechtsabbiegern von der A 40. Der Landesbetrieb „Straßen NRW“ prüft jetzt, ob ein Einfädelungsstreifen parallel zur Aktienstraße das Problem lösen kann (wahrscheinlich) und wie teuer das würde.
Warten auf die Ampel
An der Essener Straße ist das Problem schon lange analysiert, die Diagnose eindeutig. An der Einmündung in die Zufahrten zur A 40 hat der rot markierte Radweg nur wenig geholfen gegen die Vielzahl von Abbiegeunfällen. Allen ist klar: Ampeln müssen her. Aber die Straße gehört „Straßen NRW“. Lückemeyer: „Wir warten seit Jahren.“