Stadtpläne von Mülheim gibt es viele: Sie helfen, den richtigen Radweg zu finden, führen Fremde zum Museum oder ins Hotel. Bei „Hot Spots“ dagegen zählen die sensiblen Punkte, rote oder grüne. Jeder, jede kann sie setzen.
Die Idee stammt von Sebastian Kleff, der im Frühjahr als Teilnehmer zu „2-3 Straßen“ stieß und von Düsseldorf an den Hans-Böckler-Platz zog. Ursprünglich stellte er sich vor, an Mülheimer Menschen Wegwerfkameras zu verteilen und die Bilddokumente zu sammeln. „Doch das wäre zu aufwändig geworden.“ Einfacher funktionierte es auch: Spontan Leute zu befragen, welche Stellen in der Stadt ihnen besonders schön oder schlimm erscheinen. In Bildsprache: Grün oder Rot.
Weitergesponnen wurde und wird der Faden vom Team um Jochen Gerz, der „2-3 Straßen“ entwickelt hat. Der Künstler würde „Hot Spots“ folgendermaßen übersetzen: „Starke Punkte. Dazu gehören auch solche, die man verbessern kann.“
Dabei war Gerz, wie Sebastian Kleff berichtet, zunächst sehr skeptisch („Mach das bloß nicht!“). Er befürchtete ein unproduktives Übergewicht negativer Meldungen, „ich hatte dagegen ein gutes Gefühl“. Schließlich schlossen die beiden Männer eine Wette ab: Wenn die roten Punkte überwiegen, kocht Kleff ein Abendessen, dominieren die grünen, spendiert Gerz eine Flasche Champagner. Und, wie es aussieht, kann er diesen schon einmal kaltstellen.
147 „Hot Spots“ wurden bislang gesetzt, bei Befragungen von Passanten in der City oder auch im Hochhaus, von Frauen, Männern, Kindern. Und davon tragen knapp hundert Spots die Farbe der Hoffnung. Überraschend. Erfreulich. Es sind oft ganz persönliche Erfahrungen, die einen Punkt so oder so tönen: Kinder schwärmen vom Wasserspielplatz in der Müga, Großeltern von Spaziergängen im Park. Die Schloßstraße dagegen wird von Jungen wie Älteren überwiegend kritisiert.
„Besonders spannend“, sagt Kleff, „sind Zonen, die von einigen Leute rot besetzt werden, von anderen grün.“ Bestes Beispiel: die Eppinghofer Straße, deren multikultureller Touch manche Mülheimer begeistert, anderen missfällt.
Müsste Sebastian Kleff selber Marken setzen auf den Plan der Stadt, in der er seit acht Monaten wohnt, so würde er keinen roten, aber zwei grüne Punkte verteilen. Einen erhält: „Die alte Eisenbahnbrücke über der Ruhr, auf der man entlanglaufen kann.“ Den zweiten: das Rumbachtal. „Hach. Herrlich!“ Kleff bekam von einer Nachbarin am Hans-Böckler-Platz den Tipp, dort einmal spazieren zu gehen. Er tat es und fand: „Idylle pur.“
Die Punktesammlung soll schließlich ein Gebilde ergeben, dass er „Psychogeographische Karte“ nennt und das auf einen Blick erfassen lässt, wo besonders positiv oder negativ besetzte Räume liegen. Doch bei „Hot Spots“ ist wohl der Weg wichtiger als das Endergebnis: „Es geht darum, dass möglichst viele Leute nachdenken und sich mit der Stadt auseinandersetzen.“ Jeder ist eingeladen, den nächsten Punkt zu verteilen.
Die Website, über die grüne oder rote Punkte erstellt werden können, soll ab Samstag geschaltet sein: www.hotspots-muelheim.de