Die große – von manchen Katholiken sogar erhoffte – Liberalisierung der Kirche in Fragen der Sexualität werden die Äußerungen des Papstes Benedikt XVI zum Gebrauch und Verbot von Kondomen nicht durchsetzen.
Mit starken Auswirkungen auf die Schwangerschafts- oder Sexualberatung in den katholischen Einrichtungen rechnet der Mülheimer Katholikenrat daher nicht. Sie ist eine Aufgabe zukünftiger Päpste, sagt der Vorstand Wolfgang Feldmann im Gespräch mit WAZ-Mitarbeiter Dennis Vollmer.
Die Lockerung des Kondomverbotes beschäftigt die Öffentlichkeit. War sie überfällig?
Feldmann: Ja. Die Entscheidung finde ich positiv. Aber man muss differenzieren: Der Papst hat nicht den Gebrauch von Kondomen freigegeben, sondern nur Fälle genannt, in denen er möglich ist.
Mülheim hat eine katholische Schwangerschaftsberatung – was ändert sich für solche Einrichtungen?
Die Äußerungen berühren uns nicht direkt. Denn das ist die Politik der Weltkirche, die wohl größere Auswirkungen auf die Menschen in Afrika haben wird, wo HIV-Infektionen dramatisch steigen. Für uns in Mülheim ist das aber nicht spannend.
Es gibt also keine Auswirkungen auf die Empfehlungen bei der Sexualberatung?
Fast keine. Wenn etwa ein homosexueller Mann dort Rat sucht und Wert auf die Haltung der Kirche legt, kann man ihm nun offiziell zu Kondomen raten. Das wäre durch die Äußerung des Papstes gedeckt.
Wird die so genannte Lockerung des Kondomverbots also überbewertet ? Warum kommt sie jetzt?
Ja. Vielleicht steht sie im Zusammenhang mit Fällen von sexuellem Missbrauch in der Kirche, die vor kurzem an die Öffentlichkeit kamen. Sie bedeutet aber – wie gesagt – keine grundsätzliche Freigabe von Kondomen. Der Papst hat die Tür dazu nur einen Spalt breit aufgemacht. Er hat eine Position bezogen, die es dem nächsten oder übernächsten Papst – wenn dieser zudem aus Südamerika oder aus Afrika käme – leichter machen kann, diese Tür ganz aufzustoßen.