Die meisten machen sich ihr Bild von Pfadfindern in HD. Denn in Film und Fernsehen sieht man sie häufig, wie sie Abzeichen sammeln fürs Feuermachen, wie sie Kekse verkaufen und Senioren über die Straße helfen.

Allzeit bereit für die tägliche gute Tat sind sie dort; und irgendwie wundert es da nicht, dass man selbst auf der Straße noch nie einem begegnet ist. Pfadfinder sein, ist das überhaupt noch zeitgemäß? „Selbstverständlich“, findet Anna-Maria Resing. Sie gehört seit 15 Jahren dem Heißener Pfadfinder-Stamm an und ist sich sicher: Freunde fürs Leben zu finden, kommt nie aus der Mode.

Das Problem ist, jeder kennt Pfadfinder, aber keiner kennt sich aus. „Die Pfadfinderschaft ist mit vielen Klischees behaftet“, sagt Anna-Maria Resing und weiß, dass die meisten aus den USA stammen. Dort sammeln die Pfadfinder tatsächlich Aufnäher und verkaufen Kekse für die gute Sache. Das ist allerdings ein klarer Fall von: andere Länder, andere Sitten. „Die Scouts in den USA und in England haben eher einen militärischen Hintergrund. Und in Frankreich sind die Pfadfinder traditionell sehr konservativ“, zieht sie internationale Vergleiche. Überhaupt gäbe es weltweit nur vier Länder ohne Pfadfinder. „Und das sind alles Diktaturen, wie zum Beispiel Nord-Korea“, sagt Anna-Maria Resing – und hat damit wohl alles gesagt.

Deutsche Pfadfinder müssen jedenfalls nicht ihre Fähigkeiten im Überleben in freier Wildbahn trainieren, um sich Abzeichen ans Hemd zu kleben. Die gibt es in Deutschland nämlich nicht. Die Aufnäher, die hier auf den traditionellen Hemden prangen, sind – neben der Weltbundlilie und diversen Rangabzeichen – vor allem Erinnerungen. Wie der Aufnäher mit dem Logo vom letzten großen Jamboree, als sich Pfadfinder aus aller Welt in Essen trafen oder von der Fahrt nach Irland, als man eine dortige Pfadi-Truppe besuchte.

Auch die Halstücher werden dann gerne schon mal getauscht, denn: „Die Tücher aus anderen Ländern sind immer viel cooler“, so Anna-Maria Resing. Begegnungen, die den Horizont erweitern, sind diese Treffen für sie. „Das sollte man mal mitgemacht haben.“

Internationale Gemeinschaft bei jährlichen Treffen, die allerdings die Ausnahme ist. Viel wichtiger ist den Pfadfinders die lokale Gemeinschaft, die Freunde, die man bei wöchentlichen Treffen sieht, mit denen man gemeinsam etwas unternimmt. „Ich bin mit zehn bei den Pfadfindern eingetreten und ich habe Freunde fürs Leben gefunden“, berichtet Anna-Maria Resing, die inzwischen 25 Jahre alt ist und in Heißen eine Gruppe leitet – und das mit „pädagogischen Hintergrund“. Denn einfach nur gemeinsames Abhängen, reicht Pfadfindern dann eben doch nicht. Soziales Engagement gehört dazu. „Wir bringen den Jugendlichen bei, dass sie eine Verantwortung haben – und das sie jetzt etwas tun und sich einbringen müssen.“ Eben das bedeutet für Anna-Maria „Allzeit bereit“. Ein weiterer Leitsatz, den der Begründer der Pfadfinderbewegung Robert Baden-Powell geprägt hat, ist ihr sogar noch wichtiger: Verlasse die Welt ein Stücken besser, als du sie vorgefunden hast. „Und wenn man sich das anschaut“, findet sie, „kann Pfadfindersein gar nicht aus der Mode kommen.“